Bislang ist eine 3G- oder Maskenpflicht in Österreich nur für bestimmte Branchen und Betriebe mit Kundenverkehr zwingend vorgesehen. Doch was dürfen Unternehmen freiwillig anordnen?
Wien/Linz (OTS) – Mit der 2. COVID-Maßnahmenverordnung hielt der Verordnungsgeber im Wesentlichen an seinem bisherigen System fest: In Betriebsstätten mit Kundenverkehr haben Inhaber*innen und Arbeitnehmer*innen mit Kund*innenkontakt eine Maske zu tragen. Außer in Geschäften des täglichen Bedarfs, können sich Arbeitnehmer*innen mit Kund*innenkontakt von dieser Verpflichtung durch einen 3G-Nachweis befreien.
Was gilt in gewöhnlichen Büros?
Maßnahmen in „gewöhnlichen“ Büros ohne Kund*innenkontakt werden durch die 2. COVID-Maßnahmenverordnung nicht geregelt. Gleichwohl haben aber Unternehmen wie Mitarbeiter*innen ein Interesse daran, auch hier ein angemessenes Schutzniveau zu schaffen, schließlich unterscheidet das Virus nicht zwischen Kund*innen und Kolleg*innen. Unternehmen trifft aufgrund ihrer arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht in einem gewissen Umfang sogar die Verpflichtung, Schutzvorkehrungen zu treffen.
Doch welche? Hierüber ist zuletzt ein Gelehrtenstreit entbrannt.
Grundsätzlich gilt, dass bei Einführung von Präventionsmaßnahmen, die in die persönliche Sphäre der Arbeitnehmer*innen eingreifen, die sachlich gerechtfertigten Interessen des Unternehmens gegen jene der Belegschaft abzuwiegen sind. Ein Arbeitgeber ist weder verpflichtet, durch Auflagen an seine Arbeitnehmer*innen jedes nur denkbare Risiko auszuschließen noch darf er das. Zudem ist gelinderen Mitteln, mit denen sich vergleichbare Ziele erreichen lassen, der Vorzug zu geben.
Wenn sich auch die Grenzen zulässiger Maßnahmen nicht abschließend aus der 2. COVID-Maßnahmenverordnung oder anderen Rechtsvorschriften ergeben, so wird sie dennoch für die Prüfung eines sachlich gerechtfertigten Interesses des Unternehmens als Prüfmaßstab herangezogen werden können. Will ein Unternehmen strengere Regeln einführen, als sie beispielsweise für den Betrieb von Alten- und Pflegeheimen gelten, braucht es dafür triftige Gründe.
In die Interessensabwägung wird aber auch miteinfließen müssen, ob Arbeitnehmer*innen die Möglichkeit haben, Präventionsmaßnahmen, die ihre persönliche Sphäre betreffen, auszuweichen, etwa, indem sie ihre Arbeit von zuhause aus erledigen.
Darf man nach dem Impfstatus fragen?
Schließen die Präventionsmaßnahmen Tests und Impfungen mit ein, wird man eben nach dem Testergebnis, dem Impfstatus oder auch nach einer durchgemachten Erkrankung fragen müssen. Ob Unternehmen das dürfen, hängt abermals von einer Interessensabwägung ab. Hier werden Unternehmen mit ihrer Fürsorgepflicht, dem (auch betriebswirtschaftlichen) Interesse an einer gesunden Belegschaft, dem Schutz der Kunden und der Vermeidung teils kostenintensiver technischer und organisatorischer Alternativmaßnahmen regelmäßig gute Gründe für ihr Informationsbegehren ins Treffen führen können.
Für die Erfassung der Angaben sind jedoch auch datenschutzrechtliche Maßgaben zu beachten. Dabei ist zusätzlich relevant, dass es sich bei gesundheitsbezogenen Daten um besonders sensible Informationen handelt, die nur unter strengen Voraussetzungen verarbeitet werden dürfen. Die Zulässigkeit der Verarbeitung des Impfstatus wird derzeit von der Datenschutzbehörde in einem FAQ als unzulässig angesehen – anders als die Durchführung (und Erfassung) von PCR-Tests. Besonders konsequent erscheint dies nicht. Tatsächlich müssten in beiden Fällen die aus arbeitsrechtlicher Sicht anzustellenden Erwägungen auch in diesem Zusammenhang Berücksichtigung finden. Die Durchführung von Tests kann sich ebenso wie die Verarbeitung von Informationen über den Impfstatus auf Art. 9 Abs. 2 lit. b DSGVO iVm den arbeitsrechtlichen Bestimmungen zur Fürsorgepflicht stützen.
Was meint der Betriebsrat?
Inwieweit ein allenfalls vorhandener Betriebsrat in die Einführung solcher Maßnahmen eingebunden werden muss, ist in Details ebenso strittig und wird maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung der Maßnahmen abhängen. In jedem Fall haben Unternehmen den Betriebsrat nach § 92a Abs 1 ArbVG in allen Angelegenheiten der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes rechtzeitig anzuhören und sich mit ihm zu beraten.
Kündigung von „Verweigerern“?
Was bleibt zu tun, wenn sich Arbeitnehmer*innen weigern, 3G-Nachweise vorzulegen?
Wurde ein 3G-Nachweis-System rechtmäßig eingeführt, so könnten Arbeitnehmer*innen, die den Dienstantritt unter diesen Voraussetzungen ablehnen, ihren Entgeltanspruch verlieren (§ 1155 ABGB), allenfalls sogar den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit (§ 27 Z 1 AngG) oder beharrlichen Pflichtvernachlässigung (§ 82 lit f GewO 1859) verwirklichen.
Ebenso steht Unternehmen die Kündigung der betroffenen Arbeitnehmer*innen offen. Hierfür ist grundsätzlich kein Grund erforderlich, im Falle einer Anfechtungsklage müssten Arbeitgeber*innen jedoch abhängig vom gewählten Anfechtungsgrund (verpöntes Motiv oder Sozialwidrigkeit) ein rechtfertigendes Motiv oder eine betriebsbedingte Notwendigkeit der Beendigung des Dienstverhältnisses dartun. Wo die Einführung von Präventionsmaßnahmen rechtmäßig erfolgt ist, können sich Unternehmen auch für die Anfechtungsklage gute Chancen ausrechnen.
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