Wien (OTS) – In Hinblick auf den Austausch von Chatnachrichten zwischen mehreren Chefredakteuren und verschiedenen politischen Akteuren, die letzte Woche publik geworden sind, gibt der Senat 2 des Presserats die folgende Stellungnahme ab:
Chefredakteure sind eine wichtige Schnittstelle im politisch-medialen Gefüge. Vor diesem Hintergrund wird in der Präambel des Ehrenkodex für die österreichische Presse hervorgehoben, dass redaktionelle Führungskräfte besonders gefordert sind, wenn es um die Verteidigung der Pressefreiheit geht, die bekanntermaßen eines der Fundamente für eine demokratische Gesellschaft ist.
Chefredakteurinnen und -redakteure sollten Vorbilder für ihr Redaktionsteam sein und Einflussnahmen von außen rigoros abwehren (siehe Punkt 4.1 des Ehrenkodex). Chefredakteurinnen und -redakteure werden ihrer Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit, aber auch gegenüber ihrer Redaktion nur dann gerecht, wenn ihre eigenen privaten Interessen keinen Einfluss auf redaktionelle Inhalte haben (siehe Punkt 11 des Ehrenkodex).
Zu den Aufgaben von Chefredakteurinnen und -redakteuren zählt es zwar auch, regelmäßig Kontakt zu politischen Akteuren zu halten. Nicht nur aus medienethischer, sondern auch aus demokratiepolitischer Sicht ist es dabei jedoch unbedingt erforderlich, die professionelle Distanz einzuhalten. Unter keinen Umständen dürfen sich Chefredakteurinnen und -redakteure von der Politik korrumpieren lassen.
Nach Meinung des Senats stehen die nun bekannt gewordenen Chatnachrichten diesen Anforderungen diametral entgegen. Anstatt sich schützend vor die Redaktion zu stellen, wurden politische Änderungswünsche anscheinend willfährig entgegengenommen. Zudem wurden Tipps erteilt, wie politische Akteure Anfragen des eigenen Redaktionsteams am besten abwehren können. Die Chatnachrichten zeichnen ein Sittenbild, das die Öffentlichkeit zu Recht empört und damit der Medienbranche insgesamt schadet. Aus medienethischer Sicht sind die in den Chats zu Tage getretenen Einstellungen und Vorgänge klar zu verurteilen.