Irrtum

Ein Irrtum lat. ”error” ist eine Fehlvorstellung von der Wirklichkeit. Im Zivilrecht ist der Irrtum insbesondere im Zusammenhang mit der Abgabe von Willenserklärungen von Bedeutung, also unter anderem beim Abschluss von Vertrag Verträgen. Er macht eine Willenserklärung zwar grundsätzlich nicht unwirksam, berechtigt aber in bestimmten Fällen dazu, die Folgen der irrtümlich abgegebenen Willenserklärung rückwirkend zu beseitigen. Im Strafrecht ist ein Irrtum für den subjektiven Tatbestand relevant; er kann den Vorsatz des Täters ausschließen, während ein Verbotsirrtum das Verschulden ausschließt, wenn er nach den Umständen nicht vorwerfbar ist.

Ein Irrtum liegt vor, wenn eine Vertragspartei eine falsche Vorstellung über den Inhalt einer von derselben abgegebenen Willenserklärung oder über den Vertragspartner und dessen wesentliche Eigenschaften hat. Gesetzlich wird dabei zwischen wesentlichen und unwesentlichen Irrtümern unterschieden.

Wesentliche Irrtümer § 871 ABGB

Ein wesentlicher Irrtum liegt vor, wenn über die Hauptsache oder eine wesentliche Beschaffenheit der Willenserklärung geirrt wird, das heißt, wenn der Vertrag ohne den Irrtum überhaupt nicht geschlossen worden wäre. Das Vorliegen ermöglicht die Anfechtung und Beseitigung des gesamten Vertrages, wenn eine der folgenden Voraussetzungen zutrifft:

  • der Irrtum wurde durch die andere Vertragspartei veranlasst
  • der Irrtum hätte der anderen Vertragspartei aus den Umständen auffallen müssen z.B. kann dem Verkäufer aus einem unverhältnismäßig hohen Kaufpreis auffallen, dass der Käufer über den wahren Wert einer Sache irrt.
  • die irrende Partei dem anderen rechtzeitig von seinem Irrtum in Kenntnis setzt insbesondere bevor der Vertragspartner im Vertrauen auf die Erklärung gehandelt hat.

Unwesentliche Irrtümer § 872 ABGB

Liegt ein unwesentlicher Irrtum vor, das heißt, wäre der Vertrag auch unter Kenntnis des Irrtums geschlossen worden, nur in einer anderen Form, so kann es zu einer Vertragskorrektur kommen. Diese beinhaltet insbesondere eine Preisminderung bzw. eine Anpassung der Konditionen, da das ABGB eine angemessene Vergütung für den Irregeführten fordert.http://www.uibk.ac.at/zivilrecht/buch/kap5_0.xml?section=5;section-view=true ”Onlinelehrbuch Zivilrecht, Abschnitt 5” Kapitel II, 2. Unwesentlicher Irrtum, Abgerufen 29. März 2012

Erklärungsirrtum, Geschäftsirrtum und Motivirrtum

In der Rechtsprechung wird des Weiteren noch zwischen Erklärungsirrtum, Geschäftsirrtum und Motivirrtum. Diese Unterscheidung ist aber für das ABGB von untergeordneter Bedeutung.

Erklärungsirrtum

Erklärungsirrtum liegt vor, wenn der Erklärende irrtümlich etwas anderes erklärt, als er erklären wollte oder er gar nicht weiß, dass er etwas erklärt.
Es sind mehrere Fälle möglich:

  • Der Erklärende erklärt etwas, obwohl er gar keine Erklärung abgeben wollte Erklärung ohne Erklärungsbewusstsein.
  • Fehler beim Erklären z.B: der Erklärende verspricht oder verschreibt sich
  • Fehler in der Übermittlung
  • Irrtum über die Bedeutung der Erklärung

Kein Erklärungsirrtum liegt bei der ”„Falsa demonstratio non nocet|falsa demonstratio“” vor.

Geschäftsirrtum

Ein Geschäftsirrtum liegt vor, wenn über den Inhalt des Rechtsgeschäftes selbst, beziehungsweise über den Geschäftspartner geirrt wird, wenn zum Beispiel der Käufer ein Bild in Überzeugung, es handle sich um ein Original, erwirbt, es dies aber nicht ist.http://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJR_19800115_OGH0002_0050OB00748_7900000_001 ”RIS Rechtssatz”

Motivirrtum

Der Motivirrtum fragt nach dem Beweggrund, ”warum” der Erklärende überhaupt eine Erklärung abgegeben hat. Dieser Beweggrund hat nichts mit dem Inhalt der Erklärung zu tun, liegt also außerhalb des Geschäftsinhaltes. Folgende Fälle gehören ebenfalls zu den Motivirrtümern:

  • Kalkulationsirrtum
  • Rechts-folgen-irrtum nicht zu verwechseln mit dem Verbotsirrtum Rechtsirrtum außerhalb der Rechtsgeschäftslehre
  • Wertirrtum
  • Irrtum über Zukünftiges
    Da der Motivirrtum zur Risikosphäre des Erklärenden gehört, ist nur ausnahmsweise eine Anfechtung möglich.
    Und zwar:
  • wenn ihn der Vertragspartner listig herbeigeführt hat § 870 ABGB
  • bei unentgeltlichen Geschäften § 901 Satz 3 ABGB
  • bei letztwilligen Verfügungen
  • wenn der Beweggrund durch die Parteien zur Bedingung gemacht wurde, sodass ein Geschäftsirrtum vorliegt § 901 ABGB.

Falllösungsschema

  • Ist der Vertrag zustande gekommen? Dissens? → kein Vertrag
  • Irrtum: Erklärungen haben nach außen übereingestimmt Konsens
  • welcher Irrtum: Geschäfts/Motivirrtum Motivirrtum unbeachtlich, kein Anfechtungsgrund bei entgeltlichen Geschäften – außer wenn Motiv Geschäftsinhalt ist, vereinbart
  • Anfechtungsvorauss.: vom anderen veranlasst, auffallen musste, zeitgerecht aufgeklärt
  • Prüfung, ob der Irrtum wesentlich oder unwesentlich ist
    • wesentlich: Anfechtung, Auflösung
    • unwesentlich: Anpassung wesentlich: der Irrende hätte den Vertrag bei Kenntnis der Sachlage nicht abgeschlossen unwesentlich: beide hätten den Vertrag zwar abgeschlossen, aber mit anderem Inhalt bei Anfechtung Anpassung – beide haben weiterhin Pflichten.

Literatur

  • Peter Bydlinski: ”Allgemeiner Teil.” 4. Auflage. Springer, Wien 2007, ISBN 978-3-211-74074-3. In: Peter Apathy Hrsg.: ”Bürgerliches Recht”.

Quellen & Einzelnachweise

http://de.wikipedia.org/wiki/Irrtum_%28Recht%29 Wesentliche_Irrt.C3.BCmer_.28.C2.A7_871_ABGB.29 14.12.2014

Lizenzinformation zu diesem Artikel

Dieser Artikel basiert auf dem in den Quellen angeführten Wikipedia-Artikel, verfügbar unter der LizenzCC BY-SA 3.0“.

Bewertung dieses Artikels

Teilen   

Kanzlei-Empfehlung

CHG_logo_250
stefan-gutbrunner-profil

Videos

Podcast

Einfach in 3 Schritten einen Anwalt finden, der auf Ihr Rechtsproblem spezialisiert ist

Ein zugelassener Anwalt / eine zugelassen Anwältin ist dafür da, über Rechtsfragen zu beraten und Klienten vor Gericht zu vertreten. Es ist seine Aufgabe, Dienstleistungen im Bereich der Rechtsberatung zu erbringen und Klienten vor Gericht zu vertreten. Mit diesem Wissen kennt er alle relevanten Herausforderungen dieses Systems und ist mit allen einschlägigen Rechtsnormen vertraut.

Fachexperten auf Ihrem Gebiet

Anwalts-Empfehlungen gefiltert durch das RechtEasy-Team -Best Choice der Anwälte in Österreich

Chatbox aufmachen

Klicken Sie auf den blauen Button im rechten unteren Eck und wählen aus, dass Sie eine Anwaltsempfehlung benötigen.

Problem schildern

Erklären Sie, welches Anliegen Sie haben. Gehen Sie hier auch gerne ins Detail.

Zurücklehnen

Unser Team beurteilt Ihre Rechtsfrage und vermittelt den richtigen Anwalt/die richtige Anwältin für Sie in Ihrer Region.

Die Vermittlung ist kostenlos. Der jeweilige Anwalt wird Ihnen vorab die genauen Kosten mitteilen, sodass Sie immer die volle Kontrolle haben.

Rechts unten den Chat öffnen, Rechtsfrage stellen und gleich vermitteln lassen.

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Auf RechtEasy befinden sich über 7500 Begriffserklärungen und juristische Ratgeber, die von Rechtsanwälten und Juristen verfasst wurden

Filter