Als klassisch wird die Rechtswissenschaft in der späten Republik 1. Jh n.Chr. und der Prinzipatsepoche bis Mitte 3. Jh. n.Chr. bezeichnet. Die Bezeichnung durch die heutige rechtsgeschichtliche Forschung orientiert sich an Stilmerkmalen des von den römischen Juristen geschaffenen Privatrechts. Die Juristen diskutieren Rechtsprobleme; dabei zitieren sie häufig auch Meinungen der älteren Juristen ”veteres”, stimmen diesen zu oder aber vertreten dazu kontroverse Ansichten ”ius controversum”.
Hinter manchen dieser Kontroversen dürften divergierende Ansichten der beiden Rechtsschulen der Sabinianer begründet von Capito, benannt nach dem Frühklassiker Masurius Sabinus und der Prokulianer begründet vom Frühklassiker M. Antistius Labeo, benannt nach Proculus stehen. Die Klassiker legen ihre Erkenntnisse in klarer, eleganter Sprache in ihren Werken nieder. Prinzipien ihrer Problemlösungen finden sie in der Ethik der stoischen Philosophie, welche dem gesellschaftlichen und staatlichen Handeln die Grundlage gibt. Was man aus Rechtsbeziehungen schuldet bzw verlangen kann, wird bemessen nach den ”boni mores” gute Sitten und der ”bona fides” Treu und Glauben, Anständigkeit, Redlichkeit.
Der Hochklassiker Celsus Mitte des 2. Jahrhundertsn. Chr. sieht die Rechtswissenschaft als die Kunst, Anständigkeit und Fairness zu verwirklichen D 1.1.1: ”ius est ars boni et aequi”. Ulpian meint, alles Recht laufe auf die Vorschriften hinaus, anständig zu leben ”honeste vivere”, den Nächsten nicht zu verletzen ”neminem laedere” und jedem das zu geben, was ihm gebühre ”suum cuique tribuere”; dahinter steht ein Verweis auf die unter Römern herrschende Sozialmoral, ähnlich den Vorstellungen des ABGB zur Übung des redlichen Verkehrs § 914 ABGB oder den guten Sitten § 879 ABGB, vgl auch § 1295 ABGB.