Patrimonialgerichte waren die in Deutschland und Österreich bis Mitte des 19. Jahrhunderts bestehenden Gerichte der adeligen Grundherren, die eine eigene vom Staat unabhängige Rechtspflege ausübten.
Formale Voraussetzungen
Die Gerichtsbarkeit war mit dem Besitz eines Gutes ”patrimonium” verbunden. Handelte es sich nicht um kirchlichen oder reichsstädtischen Besitz, war sie überdies meist auch an den Adelsstand des Besitzers gebunden. Der Grundherr z. B. der Besitzer eines Ritterguts oder einer Hofmark war Gerichtsherr und war als solcher befugt, seine Gerichtsbarkeit gegenüber seinen Untertanen selbst auszuüben. Bei fehlender Qualifikation oder falls bestimmte staatliche Gesetze dies vorschrieben, musste er die Gerichtsbarkeit durch eigene von ihm bestellte Rechtsgelehrte Gerichtshalter, Pfleger, Gerichtsverwalter, Justitiarien, Gerichtsdirektoren ausüben. Meist hatte sich der Landesherr oder Staat auch noch ein Bestätigungsrecht vorbehalten.
Entstehung
Die Patrimonialgerichte entstanden dadurch, dass im Mittelalter die Landesherren die ihnen zustehende Gerichtsbarkeit vielfach nicht nur an Städte, sondern auch an untergebene Grundherren Afterlehner wie Gutsherren, Stifter, Klöster etc. verliehen, wodurch sich eine den landesherrlichen Gerichten gleichstehende untere Instanz ausbildete.
Patrimonialgerichte umfassten vielfach jedoch nur die niedere Gerichtsbarkeit, also vor allem Eigentums-, Familien-, Erb- und Gutsrechte, Gesindeordnung und teilweise auch niederes Strafrecht z. B. Beleidigungen, Raufereien, die vielfach an Dorfrichter delegiert wurden. In bestimmten Fällen und Voraussetzungen konnten sich Kläger und Beklagte an ein staatliches Obergericht wenden. Jedoch waren die Gutsherrengerichte oft auch die letzte Instanz für die Untertanen des Gutsherren und somit hatte dieser einen großen Einfluss auf seine Untertanen. Die Blut-, Hals- und peinliche Gerichtsbarkeit blieb in der Regel bei höheren Gerichten. Nur in Mecklenburg und Pommern gehörte sie meist mit zur Patrimonialgerichtsbarkeit.
Literatur
- Monika Wienfort: ”Patrimonialgerichte in Preußen: ländliche Gesellschaft und bürgerliches Recht 1770–1848/49.” Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3525351631.
- Bernd Wunder: ”Die badische Beamtenschaft zwischen Rheinbund und Reichsgründung 1806−1871. Dienstrecht, Pension, Ausbildung, Karriere, soziales Profil und politische Haltung”. Kohlhammer, Stuttgart 1998, S. 17−18, ISBN 3-17-014379-4 ”Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B, Forschungen”. Band 136
- Heinrich Wirschinger: ”Darstellung der Entstehung, Ausbildung, und des jetzigen rechtlichen Zustandes der Patrimonial-Gerichtsbarkeit in Bayern.” Von der Königl. Juristen-Fakultät der Ludwigs-Maximilians-Universität in München gekrönte Preisschrift. Weber, 1837.
- Wolfgang Wüst: ”Adeliges Selbstverständnis im Umbruch? Zur Bedeutung patrimonialer Gerichtsbarkeit 1806–1848”, in: Walter Demel / Ferdinand Kramer Hgg., ”Adel und Adelskultur in Bayern” Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte, Beiheft 32, C. H. Beck, München 2008, S. 349–376, ISBN 9783406106736.
- Hiereth: ”Historischer Atlas von Bayern: Die bayerische Gerichts- und Verwaltungsorganisation vom 13. bis 19. Jahrhundert.” Altbayern, Reihe I, Heft 0, 1950 http://geschichte.digitale-sammlungen.de/hab/band/bsb00007657 Online
Quellen
http://de.wikipedia.org/wiki/Patrimonialgericht 16.11.2014
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