Perfektion im römischen Recht
Ein Vertrag ist perfekt, wenn er abwicklungsreif ist. Das ist dann der Fall, wenn die folgenden Voraussetzungen nach/bei Vertragsabschluss vorhanden sind:
- keine aufschiebende Bedingung mehr,
- der Preis ist festgesetzt und
- die Ware individuell bestimmt ist.
Ab diesem Zeitpunkt gilt PERICULUM EST EMPTORES, sprich der zufällige Untergang trifft den Käufer und nicht mehr den Eigentümer.
- Die zu Leistenden Sachen müssen also aus der Gattung ausgesondert sein – die Gattungsschuld wird zu einer Speziesschuld. Die Aussonderung muss einvernehmlich zwischen Käufer und
Verkäufer geschehen. - Aufschiebend bedingte und befristete KV sind NICHT perfekt, solange die Bedingung nicht eingetreten, und der KV damit gültig geworden ist.
Eine auflösende Bedingung schadet der Perfektion jedoch nicht.
- Nicht perfekt ist ein KV, wenn der Kaufpreis mangels objektiver Ermittlungskriterien nicht feststeht.
- Nicht perfekt ist ein KV, wenn der Leistung ein Mangel anhaftet, bis dieser Mangel geheiltist
Beispiel
A möchte eine Kuh von B um 100 kaufen die Kühe sind aber noch am Berg. Der Sklave des B treibt eine Kuh von der Weide ins Tal, dabei trifft sie der Blitz. Ohne dem Zutun des A liegt keine Perfektion vor, es gilt CASUM SENTIT DOMINUS, A kann noch immer eine Kuh auswählen und mit der actio empti auch einklagen.
Gefahrtragung beim perfekten Kauf
Ab Eintritt des „perfekten Kaufs“ gelten andere Maßstäbe. Man unterscheidet somit zwei Phasen, nämlich zwischen Vertragsabschluss aber vor Perfektion, und zwischen Perfektion und Übereignung. Ein perfekter Kauf liegt vor, wenn Einigung über die ESSENTALIA NEGOTII herrscht sowie keine aufschiebenden/auflösenden Bedingungen den KV anhaften. Nach Perfektion des Kaufs trägt der Käufer die LEISTUNGS- (Gefahr, trotz gültigen Vertrags keine Leistung zu erhalten) sowie die PREISGEFAHR (Gefahr, den KP leisten zu müssen, obwohl keine Gegenleistung durch den Verkäufer erfolgt).
Gefahrtragung beim nichtperfekten Kauf
(Nach Vertragsabschluss aber vor Perfektion)
- Tritt vor Perfektion durch VIS MAIOR eine Beeinträchtigung der Leistung ein, trifft diese den Verkäufer. Er hat die Pflicht, den Vertrag obligationsgemäß abzuwickeln.
- zB A hat in seinem Keller 100 Amphoren Öl. Er schließt mit B einen Kaufvertrag über 20 Amphoren. Vor Aussonderung der 20 Amphoren vernichtet ein Erdbeben 70 Amphoren desA . Da noch 30 Amphoren unversehrt sind, ist der KV mit B obligationsgemäß abzuwickeln.
- Geht die Sache vor Perfektion durch VIS MAIOR unter (sprich, es liegt eine nachträgliche Unmöglichkeit vor), erhält der Käufer keine Ware, der Verkäufer kann aber auch keinen Kaufpreis fordern (der Käufer trägt nur die LEISTUNGSGEFAHR).
- zB Durch das Erdbeben werden alle Amphoren des A vernichtet. Es tritt eine nachträgliche Unmöglichkeit durch VIS MAIOR ein, B erhält keine Amphoren, A kann keinen KP verlangen.