Putativnotwehr (von lat. putare, „glauben, meinen“) ist ein Rechtsbegriff aus der allgemeinen Strafrechtslehre, bei der der Täter irrig davon ausgeht, dass die für die Notwehr erforderlichen Voraussetzungen (Notwehrlage) vorliegen.
Putativnotwehr ist insbesondere gegeben, wenn der Täter von einem vermeintlichen gegenwärtigen Angriff auf sich ausgeht.
Beispiel: Ein Jäger denkt, dass eine Person mit einem Gewehr auf ihn zielen würde. In vermeintlicher Notwehr schießt er auf den von ihm gewähnten Angreifer und verletzt ihn schwer. Er erfüllt somit den Straftatbestand der Körperverletzung. Es stellt sich jedoch heraus, dass der von ihm gewähnte Angreifer lediglich mit einem Stock auf den Jäger gezeigt hatte. Eine Rechtfertigung der Tat durch Notwehr scheidet daher mangels Angriffs auf den Jäger aus. Der abwehrende Jäger konnte dies jedoch im Moment des Erwehrens nicht erkennen und handelte im Glauben einer nicht anders abwendbaren Gefahr auf sein Leben.
Die Putativnotwehr stellt einen Unterfall des Erlaubnistatbestandsirrtums dar, dessen Behandlung in der Strafrechtslehre strittig ist.
Irrt der Täter hingegen über die rechtlichen Grenzen der Notwehr, also über seine Notwehrhandlung, so liegt bei ihm ein Erlaubnisirrtum vor. Verteidigt der Täter sich in einer Putativnotwehrlage aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken mehr als erlaubt, so spricht man von einem Putativnotwehrexzess.
Einzelnachweise
- Wessels/Beulke, Strafrecht Allgemeiner Teil, 42. Auflage, Rdnr. 448