Die Schutzbestimmungen gemäß §§ 3 und 15 des Unternehmensgesetzbuches (UGB) dienen dem Schutz der Vertragspartner vor Personen oder Rechtsträgern, die zwar im Firmenbuch eingetragen sind, jedoch in der Lage wären, die Richtigkeit dieser Eintragungen zu bestreiten.
Dennoch besteht hier eine Lücke: Es könnte vorkommen, dass jemand im Rechtsverkehr als Unternehmer agiert, tatsächlich jedoch keiner ist. In einem Streitfall könnte sich diese Person darauf berufen, lediglich als Konsument behandelt zu werden, um dadurch den entsprechenden Schutz zu genießen.
Aus diesem Grund haben Rechtslehre und Rechtsprechung auf Grundlage des Prinzips von “Treu und Glauben” das Konzept der “Rechtsscheinhaftung” entwickelt. Dies betrifft Personen, die im Rechtsverkehr den Anschein erwecken, Unternehmer zu sein, jedoch tatsächlich keine Unternehmerqualität besitzen. Solche Personen werden als “Scheinunternehmer” oder “Unternehmer kraft Rechtsscheins” bezeichnet und entsprechend behandelt.
Die Rechtsscheinhaftung setzt vier Voraussetzungen voraus:
- Der Scheinunternehmer muss den Rechtsschein durch sein äußeres Verhalten setzen.
- Der Rechtsschein muss ihm zurechenbar sein, wobei eine gewisse Form von Verschulden erforderlich sein könnte.
- Der Dritte, der mit dem Scheinunternehmer in Kontakt tritt, muss schutzwürdig sein. Selbst leichte Fahrlässigkeit kann diesen Schutzanspruch beeinträchtigen.
- Der Rechtsschein muss kausal für das Verhalten des Vertragspartners, also desjenigen, der auf den Schein vertraut, gewesen sein.
Die Rechtsprechung geht in der Regel davon aus, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Die Rechtsfolge besteht darin, dass der Vertragspartner die Wahl hat, ob er den Scheinunternehmer als tatsächlichen Unternehmer oder als Konsumenten behandeln möchte. Der Scheinunternehmer hingegen hat kein Wahlrecht und kann somit nicht eigenständig den geringeren Schutz des Konsumenten in Anspruch nehmen.
Jegliche Form der selektiven Auswahl einzelner Rechtsfolgen, bei der der Scheinunternehmer als eine Art “Hybrid” behandelt wird, ist keinesfalls zulässig. Dieser Ansatz, auch als “Rosinentheorie” bekannt, wird von der herrschenden Meinung abgelehnt.
Es ist wichtig, die Abgrenzung zur Regelung des § 3 Unternehmer im Auge zu behalten:
- § 3 setzt die Eintragung im Firmenbuch voraus, während dies für den Scheinunternehmer nicht notwendig ist.
- § 3 erfordert das Handeln unter der eingetragenen Firma, was für den Scheinunternehmer keine Bedingung ist.
- § 3 knüpft nicht an die Gutgläubigkeit an, während dies für die Scheinunternehmerschaft von Bedeutung ist.
- Die Rechtsscheinhaftung erfordert den Beweis durch den Vertrauenden, während § 3 die Unternehmereigenschaft an die Eintragung im Firmenbuch bindet.