Als Schuldrecht wird der Teil des Privatrechts bezeichnet, der die Schuldverhältnisse regelt, sich also mit dem Recht einer juristischen oder natürlichen Person befasst, von einer anderen Person auf Grund einer rechtlichen Sonderbeziehung eine Leistung zu verlangen (vergleiche Anspruch). Maßgebliches Merkmal des Schuldrechts ist, dass es im Gegensatz zu den absoluten Rechten, wie beispielsweise dem Eigentum, als relatives Recht lediglich zwischen den beteiligten Personen wirkt.
In Österreich befinden sich die zentralen Bestimmungen des Schuldrechts in der Zweiten Abteilung des Zweiten Teiles sowie im Dritten Teil des ABGB. Weitere bedeutende schuldrechtliche Gesetze sind das KSchG, das EKHG (Eisenbahn und KraftfahrzeughaftpflichtG), das PHG (ProdukthaftungsG) , das DHG (DienstnehmerhaftpflichtG) und das MRG (MietrechtsG).
Aufbau des Schuldrechts
Das ABGB, dessen Urfassung aus dem Jahre 1811 noch dem Institutionensystem und noch nicht dem modernen Pandektensystem folgt, bezeichnet das Schuldrecht in seiner Zweiten Abteilung des Zweiten Teiles noch als “persönliches Sachenrecht” (und das Sachenrecht in seiner heutigen Bedeutung als “dingliches Recht”) und regelt außerdem weitere schuldrechtliche Bestimmungen im Dritten Teil. In der heutigen Rechtswissenschaft wird das Schuldrecht folgendermaßen eingeteilt:
- Allgemeiner Teil
- Besonderer Teil
- Vertragliche Schuldverhältnisse
- Gesetzliche Schuldverhältnisse
Allgemeiner Teil
Der Allgemeine Teil ist im ABGB in den §§ 859-1341 der Zweiten Abteilung des Zweiten Teiles, im 17. Hauptstück (§§ 859-937) des Zweiten Teiles sowie im 1., 2. und 3. Hauptstück des Dritten Teil, also in den §§ 1342-1450, enthalten. Der allgemeine Teil des Schuldrechts umfasst Normen, welche grundsätzlich für alle Schuldverhältnisse gelten.
- Allgemeines (Haupt- und Nebenpflichten, Pflicht und Obliegenheit, Ziel und Dauerschuldverhältnisse, Schuld und Haftung)
- Begründung von Schuldverhältnissen (Entstehungsgründe, Auslobung, vorvertragliches Schuldverhältnis, Nebenabreden wie z.B. die Konventionalstrafe)
- Inhalt eines Schuldverhältnisses (Leistungsart, -zeit, und -ort, Leistung Zug um Zug)
- Leistungsstörungen (Nachträgliche Unmöglichkeit, Verzug, Gewährleistung, Verkürzung über die Hälfte),
- Erlöschen der Schuld (Erfüllung, Hinterlegung, Leistung an Zahlungs Statt, Aufrechnung, Vereinigung, Verzicht, Zeitablauf, Kündigung, Tod, Konkurs)
- Änderungen von Verbindlichkeiten (Novation, Schuldänderung, Vergleich, Anerkenntnis, Zession, Anweisung, Schuldübernahme, Vertragsübernahme)
- Beteiligung Dritter am Schuldverhältnis bzw. Mehrheit von Berechtigten und Verpflichteten (Mehrheit und Gläubigern/Schuldnern insbes. Solidarschuld, Vertrag zugunsten Dritter, Bürgschaft, Garantievertrag, Anweisung)
Von höherer Praxisrelevanz sind insbesondere die genannten Leistungsstörungen, und hier wiederum das Gewährleistungsrecht, das im Jahr 2001 teilweise novelliert wurde. Unter den Beendigungsgründen eines Schuldverhältnisses sei besonders auf die Aufrechnung hingewiesen, die in anderen Rechtsgebieten wie dem Handelsrecht das Kontokorrent prägt.
Bei den Änderungsgründen von Schuldverhältnissen nimmt vor allem die Zession mit all ihren Erscheinungsformen wie Inkassozession und Factoring eine prominente Stellung ein. Bei der Beteiligung Dritter am Schuldverhältnis sind besonders die Bürgschaft mit ihren konsumentenrechtlichen Schranken, der Garantievertrag in Form einer Herstellergarantie als Ergänzung zur Gewährleistung sowie die Anweisung, die z.B. als “Kontoüberweisung” oder im Wechselrecht in Erscheinung tritt, zu nennen.
Besonderer Teil
Der Besondere Teil behandelt die einzelne Arten von Schuldverhältnissen. Zu unterscheiden sind vertragliche und gesetzliche Schuldverhältnisse:
Vertragliche Schuldverhältnisse
Der Gesetzgeber hat die wichtigsten Verträge umfassend geregelt. Im ABGB sind aufgezählt:
- Schenkung
- Verwahrungsvertrag
- Leihvertrag
- Darlehen
- Bevollmächtigungsvertrag (siehe: Auftrag)
- Tauschvertrag
- Kaufvertrag
- Bestandvertrag (siehe: Miete, Pacht)
- Dienstvertrag
- Werkvertrag
- Verlagsvertrag
- Glücksverträge (siehe: Wette)
Daneben gibt es noch Verträge, die nicht im ABGB geregelt sind, wie z.B den Franchisevertrag oder das Leasing.
Gesetzliche Schuldverhältnisse
Gesetzliche Schuldverhältnisse entstehen ohne Rechtsgeschäft der Parteien aufgrund von tatsächlichen Voraussetzungen. Gesetzliche Schuldverhältnisse liegen vor im/bei:
- Schadenersatzrecht
- Bereicherungsrecht
- Geschäftsführung ohne Auftrag
- Gläubigeranfechtung
Kein schuldrechtlicher Typenzwang
Das Schuldrecht unterliegt – anders als das Sachenrecht – keinem gesetzlichen Typenzwang, es gibt also keinen numerus clausus der zulässigen Rechtsgeschäfte. Daher kann jedes beliebige Schuldverhältnis vereinbart werden und so neue Vertragstypen geschaffen werden, soweit diese mit der Rechtsordnung in Einklang stehen, also zum Beispiel nicht gegen die guten Sitten verstoßen (Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit). Dennoch gibt es auch im Rahmen des Schuldrechts zwingendes Recht, so beispielsweise Formvorschriften oder verbraucherschützende Normen.