Eine Streitgenossenschaft auch subjektive Klagehäufung genannt liegt dann vor, wenn in einem Rechtsstreit entweder auf Klägerseite oder auf Beklagtenseite mehrere Personen beteiligt sind. Bei mehreren Klägern spricht man von aktiver Streitgenossenschaft, bei mehreren Beklagten von passiver Streitgenossenschaft.
Abhängig davon, ob gegen einen einzelnen Streitgenossen ein anderes Urteil als gegen die übrigen möglich ist, unterscheidet man zwischen einfacher Streitgenossenschaft und einheitlicher Streitpartei.
Einfache Streitgenossenschaft
Hier führen die einzelnen Streitgenossen ihre jeweiligen ”Rechtsstreite voneinander unabhängig”, verbunden nur durch den gemeinsamen Prozess. Demgemäß sind auch unterschiedliche Urteile für oder gegen einen einzelnen Streitgenossen möglich.
Die einfache Streitgenossenschaft dient der ”Prozessökonomie” indem gleichgelagerte Parallelprozesse vermieden werden.
Es gibt verschiedene Konstellationen, in denen sich eine einfache Streitgenossenschaft ergeben kann:
Materielle Streitgenossenschaft
- Rechtsgemeinschaft z. B. Miteigentum
- Berechtigung/Verpflichtung aus demselben tatsächlichen Grund z. B. mehrere Geschädigte aus demselben Ereignis
- Solidarische Berechtigung/Verpflichtung
Formelle Streitgenossenschaft
Diese Form liegt vor wenn „gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen Grunde beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen“ Gegenstand des Streites sind § 11 Abs. 2 Zivilprozessordnung ZPO. Beispiele: Mehrere Arbeitnehmer klagen den gemeinsamen Arbeitgeber auf Gehaltszahlung; ein gemeinsamer Vermieter klagt mehrere Mieter auf Zinszahlung.
Unterschiede
Die materielle Streitgenossenschaft schafft gem. § 93 Abs. 1 Jurisdiktionsnorm JN einen gemeinsamen Gerichtsstand, die formelle Streitgenossenschaft setzt einen gemeinsamen Gerichtsstand voraus.
Bei der formellen und der aus solidarischer Verbundenheit geschaffenen materiellen Streitgenossenschaft sind die Streitwerte gem. § 55 Jurisdiktionsnorm JN nicht zusammenzurechnen.
Einheitliche Streitpartei
Im Falle einer einheitlichen Streitpartei, auch „gebundene Streitgenossenschaft“ genannt, findet ein ”einheitlicher Prozess mit einheitlichem Prozessausgang” statt. Es entsteht ein Urteil, das für bzw. gegen alle Betroffenen gilt.
Auch hier gibt es unterschiedliche Konstellationen:
Anspruchsgebundene Streitgenossenschaft
Bei einer anspruchsgebundene Streitgenossenschaft ist der geltend gemachte ”Anspruch” so gestaltet, dass er nur durch oder gegen alle Streitgenossen gemeinsam durchgesetzt werden kann.
Dies kann dadurch begründet sein, dass der Streitgegenstand ident ist z. B. Staatsanwalt erhebt Nichtigkeitsklage wegen einer „Staatsbürgerschaftsehe“ oder, dass die Streitgenossen über den Anspruch nur gemeinsam verfügen können oder, dass es sich um ein gemeinschaftliches Rechtsverhältnis handelt, das nur für oder gegen alle Streitgenossen einheitlich festgestellt werden kann.
In jedem dieser Fälle ist nur ein einheitlicher Prozess vorstellbar, getrennte Prozesse, wie sie bei einfacher Streitgenossenschaft denkbar sind, wären zweckwidrig.
Eine anspruchsgebundene Streitgenossenschaft ist eine ”„notwendige Streitgenossenschaft“”. Sind nicht alle materiell berechtigten/verpflichteten Streitgenossen vertreten, fehlt die Sachlegitimation und die Klage wird abgewiesen.
Wirkungsgebundene Streitgenossenschaft
Bei einer wirkungsgebundenen Streitgenossenschaft erstrecken sich die ”Wirkungen” des Urteiles auch auf Personen, die nicht am Verfahren beteiligt waren.
Dies kann vorkommen bei rechtsgestaltenden Urteilen z. B. Aufhebung eines Vertrages oder wenn eine Erstreckung der Rechtskraft auf weitere Personen gesetzlich angeordnet wird.
Wirkungen
Bezüglich der ”Prozessbetreibungshandlungen” Prozesshandlungen, die den formalen Ablauf des Prozesses betreffen, z. B. Vertagungsanträge gilt: Das Handeln eines Streitgenossen wirkt auch für die anderen.
Für die Abwendung von ”Säumnisfolgen” gilt das Repräsentationsprinzip: Das Handeln eines Streitgenossen wendet Säumnisfolgen ab.
Ansonsten kann ein Streitgenosse nicht ”zu Lasten der anderen disponieren”: Für Vergleich, Anerkenntnis oder Verzicht herrscht der Grundsatz der Einstimmigkeit.
Liegen ”widerstreitende Dispositionen” der Streitgenossen vor, gilt das Günstigkeitsprinzip: Die für die einheitliche Streitpartei günstigste Prozesshandlung, sozusagen der „kleinste gemeinsamer Nenner“, ist maßgeblich.
Quellen
http://de.wikipedia.org/wiki/Streitgenossenschaft#.C3.96sterreichisches_Recht 08.11.2014
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