Willenserklärung

Im Zivilrecht ist die Willenserklärung die Äußerung eines Rechtsfolgewillens, also die Kundgabe Erklärung des Willens einer Person, die einen Rechtserfolg beabsichtigt.

Dieser Erfolg soll nach der Rechtsordnung eintreten, weil er vom Erklärenden gewollt ist.

Zum Beispiel ist die Rücktrittserklärung oder Kündigungserklärung eine Willenserklärung. Die beabsichtigte Rechtsfolge ist die Aufhebung eines Rechtsgeschäfts. Fallen Wille und Erklärung auseinander, liegt ein Willensmangel vor. Im Zivilprozessrecht werden die prozessualen Erklärungen als Prozesshandlungen bezeichnet.

Unterschied zu Rechtsgeschäft, geschäftsähnlicher Handlung, Realakt und Willensbetätigung

  • Rechtsgeschäfte bestehen aus mindestens einer Willenserklärung und sind auf den Eintritt eines bestimmten rechtlichen Erfolgs gerichtet, diesen auch ”tatsächlich” nicht zwingend bei Willenserklärungen herbeiführen, ”weil dieser gewollt ist” Abgrenzung zur geschäftsähnlichen Handlung. Rechtsgeschäfte können daneben weitere Willenserklärungen, geschäftsähnliche Handlungen und Realakte umfassen.

Eine gewollte Rechtsfolge tritt nicht durch die zugrundeliegenden übereinstimmenden Willenserklärungen ein, sondern durch das Rechtsgeschäft, z. B. einer Kündigung oder eines Vertrag. Das Rechtsgeschäft ist das Mittel zur Gestaltung von Rechtsbeziehungen.

Der geschlossene Vertrag etwa begründet die Rechte und Pflichten und nicht die einzelnen Willenserklärungen. So können rechtswirksam nur Rechtsgeschäfte bzw. deren ”zugrundeliegenden” Willenserklärungen angefochten werden. Ein weiterer Unterschied ist daran begründet, dass Rechtsgeschäfte einseitig z. B. Testament und mehrseitig z. B. Vertrag sein können.

Willenserklärungen können immer nur von einer Person geäußert werden. Ein einseitiges Rechtsgeschäfts kann dem Inhalt nach mit der zugrundeliegenden Willenserklärung übereinstimmen. Ein Rechtsgeschäft kann im Gegensatz zu einer Willenserklärung nicht empfangsbedürftig sein, da es bereits „geschaffen” wurde Rechts”geschäft”, also bereits existiert und nicht zu seiner Wirksamkeit bekannt gegeben werden muss bzw. es erst durch die Bekanntgabe zu einem Rechtsgeschäft wird.

  • Von der geschäftsähnlichen Handlung kommt die Differenzierung zur Willenserklärung dadurch zum Ausdruck, dass dort Rechtsfolgen nicht durch den Willen einer Person herbeigeführt wird, sondern eher „Beiprodukt” einer Willens- oder sonstigen Erklärung sind, z. B. wenn eine Willenserklärung erteilt wird in Form einer Mahnung, die Mahnung wirksam wird einseitiges Rechtsgeschäft, so ist der daraus folgende Anspruch auf Verzugszinsen, welcher nicht auch gewollt sein muss, sondern nur aufgrund des Gesetzes entsteht, die geschäftsähnliche Handlung. Auch hier tritt notwendig ein Rechtserfolg wie beim Rechtsgeschäft tatsächlich ein.
  • Bei einem Realakt muss weder ein rechtlich erheblicher Wille vorliegen, noch ist es erheblich, dass er auf einen solche zurückzuführen ist. Eventuelle Rechtsfolgen treten unabhängig davon ein.
  • Von der reinen Willensbetätigung unterscheidet sich die Willenserklärung durch die Existenz eines Kundgabezwecks.

Arten von Willenserklärungen

Man unterscheidet grundsätzlich zwei Arten von Willenserklärungen: die empfangsbedürftige und die nicht-empfangsbedürftige Willenserklärung. ”Empfangsbedürftig” ist die Erklärung, wenn sie nach dem Gesetz „gegenüber“ einem Anderen abzugeben ist: Empfangsbedürftige Willenserklärungen unter Abwesenden sind erst ab dem Zeitpunkt wirksam, zu dem sie dem Empfänger Zugang|zugehen, das heißt wenn sie in seinem Machtbereich sind und der Empfänger unter normalen Umständen die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hat.

Die empfangsbedürftige Willenserklärung kommt häufiger vor. Sie erspart der Gegenseite die Ungewissheit über die Rechtslage. Demnach ist vor allem die Ausübung eines Gestaltungsrechts Gestaltungserklärung empfangsbedürftig. Die ”nicht empfangsbedürftige” Willenserklärung ist dagegen schon im Moment der Abgabe wirksam, ohne, dass irgendjemand davon Kenntnis nehmen müsste. Eine nicht empfangsbedürftige Willenserklärung ist zum Beispiel Bestandteil des Testaments, der Auslobung, des Stiftungsgeschäfts und der Eigentumsaufgabe.

Tatbestand einer Willenserklärung

Die Willenserklärung besteht aus einem objektiven äußeren und einem subjektiven inneren Tatbestand.

Objektiver Tatbestand

Der objektive Tatbestand enthält eine Erklärung, die auf die Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge gerichtet sein muss, sodass für einen objektiven Beobachter in der Rolle des Erklärungsempfängers der Schluss auf einen dahinter stehenden Rechtsbindungswillen möglich ist.

Man spricht auch insoweit von der Schaffung eines Erklärungstatbestandes durch den Erklärenden.

Handlungswille

Die Erklärung muss aus der Sicht eines objektiven Dritten darauf schließen lassen, dass jemand freiwillig handeln will. Dies ist z. B. nicht der Fall bei äußerer Gewalt.

Die Willensbekundung kann ausdrücklich in Wort oder Schrift oder Konkludentes Handeln|konkludent durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Schlüssiges Verhalten liegt beispielsweise vor, wenn ein Käufer beim Bäcker nur auf ein Brötchen zeigt, das er kaufen möchte oder wenn der Patient dem Arzt die Hand reicht und sein Sprechzimmer betritt.

Dagegen ist ein Schweigen grundsätzlich keine Willenserklärung, weil ihm in der Regel kein Erklärungswert zu entnehmen ist qui tacet consentire non videtur; Deutsch: Wer schweigt, scheint nicht zuzustimmen. Schweigen ist daher grundsätzlich weder Zustimmung noch Ablehnung, sondern rechtlich unbedeutend (nullum). Von diesem Grundsatz gibt es aber Ausnahmen: Eine der wichtigsten ist die Parteivereinbarung, bei der einem Verhalten ein bestimmter Erklärungswert durch die Parteien beigemessen wird. Ist dies der Fall, handelt es sich auch beim Schweigen um eine echte Willenserklärung. Auch der Gesetzgeber hat aus Gründen der Rechtssicherheit teilweise einem Schweigen einen Erklärungswert beigemessen, es handelt sich dann um unechte oder fingierte Willenserklärungen.

Rechtsbindungswille

Weiteres Element ist der Rechtsbindungswille: Darunter versteht man das Abzielen der Willensäußerung auf das Setzen einer Rechtsfolge.

Der Rechtsbindungswille ist konstitutiv, also zwingende Voraussetzung, für das Vorliegen einer Willenserklärung und fehlt in folgenden Fällen: Invitatio ad offerendum, Freiklauseln, Gefälligkeitsverhältnissen, Erteilung von Ratschlägen oder Auskünften und Hilferufen. Ob ein Rechtsbindungswille vorliegt, ist nach dem sog. objektivierten Empfängerhorizont zu beurteilen. Zumindest bei der invitatio ad offerendum fehlt ein Rechtsbindungswille gänzlich, denn es handelt sich nicht um eine Willenserklärung, sondern um die Aufforderung zur Abgabe eines Angebot|Angebots.

Es liegt also kein verbindliches Angebot vor, sondern nur eine Aufforderung, seinerseits ein Angebot abzugeben. Dies ist nach weit verbreiteter Auffassung der Fall bei Auslagen in Schaufenstern oder Zusendung von Werbeprospekten oder auch bei einer Bestellung von Ware im Internet-Versandhandel in der Regel. Denn hier will der Verkäufer sich nicht gleich mit jedem rechtsgeschäftlich binden. Er möchte die Bonität des Käufers überprüfen, Daten abgleichen und seinen Warenbestand zuvor kontrollieren Gefahr der Doppelverpflichtung. Mit dem Rechtsbindungswillen wird zum Ausdruck gebracht, dass ein objektiver Dritter die Handlung als rechtsgeschäftlich erheblich interpretieren darf. Zusätzlich erforderlich ist nach einer Mindermeinung auch der Geschäftswille. Dieser muss sich auf die wesentlichen Vertragsbestandteile beziehen. Bei einem Kaufvertrag sind das z. B. die Kaufvertragsparteien Käufer, Verkäufer, der Kaufgegenstand und der Kaufpreis. Beim Werkvertrag muss keine Vergütung vereinbart werden, denn auf diese hat der Werkleister einen gesetzlichen Anspruch.

Subjektiver Tatbestand

Der subjektive Tatbestand spiegelt die innere Seite des Erklärenden wider. Man spricht insoweit auch vom inneren Willenstatbestand. Hierbei geht es um die Frage, ob der äußeren Erklärung auch der innere Wille entspricht. Er besteht aus dem Geschäftswillen, dem Handlungswillen und einem Erklärungsbewusstsein.

Dabei ist beachtlich, dass nicht der innere Willenstatbestand, sondern nur der durch die Erklärung nach außen erkennbar gemachte Wille den gewünschten Rechtserfolg bewirken kann. Trotzdem müssen die subjektiven Tatbestandsmerkmale vorliegen, um von einer ”fehlerfreien” Willenserklärung ausgehen zu können. Trotz Fehlens eines subjektiven Merkmals kann die Willenserklärung dennoch gültig sein.

Handlungswille; Handlungsbewusstsein

Dieser bezeichnet den Willen, überhaupt etwas bewusst zu tun oder zu unterlassen. Der Handlungswille ist konstitutiv für das Vorliegen einer Willenserklärung.

Er fehlt unter den gleichen Voraussetzungen, die auch zum Nichtvorliegen einer Handlung im strafrechtlichen Sinn führen, d. h. insbesondere bei vis absoluta unwiderstehlicher mechanischer Gewalt oder Verhaltensweisen im Zustand völliger Bewusstlosigkeit, Schlaf, Hypnose usw.

Erklärungsbewusstsein

ist das Bewusstsein, überhaupt irgendeine rechtserhebliche Erklärung abzugeben, also sich rechtsgeschäftlich erheblich zu verhalten. Dies möchte beispielsweise ein Mensch in einer Versteigerung nicht, der mit dem Heben der Hand kein Gebot abgeben möchte, sondern nur einen Freund begrüßen möchte. Wie sich ein fehlendes Erklärungsbewusstsein auf das Vorliegen einer Willenserklärung auswirkt, ist umstritten. Die herrschende Meinung vertritt zu diesem Problem die sog. Erklärungstheorie, die sich aus dem Verantwortlichkeitsprinzip ableitet:

Danach wird dem Erklärenden sein Verhalten auch bei fehlendem Erklärungsbewusstsein als Willenserklärung zugerechnet, wenn er bei Beachtung der im Rechtsverkehr Fahrlässigkeit|erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, dass sein Verhalten als Willenserklärung aufgefasst wird, sogenannte Erklärungsfahrlässigkeit.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn sein Gegenüber nicht schutzwürdig ist, etwa weil er um das fehlende Erklärungsbewusstsein des anderen wusste. Im Fall der Versteigerung hätte der Handhebende erkennen können, dass das Heben der Hand als Gebotsabgabe verstanden wird.

Geschäftswille

bezeichnet den Willen, ein ganz bestimmtes Rechtsgeschäft abzuschließen, z. B. der Wille, einen Mietvertrag über eine bestimmte Wohnung abzuschließen. Fehlt der Geschäftswille, schadet das der Wirksamkeit der Willenserklärung nicht. Wenngleich der Geschäftswille also für das Vorliegen einer Willenserklärung nicht erforderlich ist, so indiziert sein Vorliegen doch das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen.

D. h. der Erklärende wird rechtlich gebunden. Er kann seine Erklärung aber anfechten, sich also wieder so stellen, als habe er keine Erklärung abgegeben, denn eine angefochtene Willenserklärung ist ex tunc nichtig, also wie nie da gewesen. Allerdings muss dann der Anfechtende dem anderen, der auf die Erklärung vertraute, den Schaden ersetzen, den er durch das Vertrauen auf die Gültigkeit der Erklärung erlitten hat.

Willensmängel

Im Idealfall stimmen der geäußerte und der wirkliche Wille überein. Ist dies nicht der Fall, spricht man von einem Willensmangel. Man unterscheidet zwischen dem ”bewussten” Willensmangel Scheingeschäft, Scherzerklärung, widerrechtliche Drohung, und dem ”unbewussten” Willensmangel Irrtum.

Der Irrtum macht die Willenserklärung nicht unwirksam. In bestimmten Fällen berechtigt der Irrtum aber dazu, die Folgen der irrtümlich abgegebenen Willenserklärung rückwirkend zu beseitigen Anfechtung. Folgende Irrtümer sind zu unterscheiden:

  • Weicht die Erklärung unbewusst von dem Geschäftswillen ab, so handelt es sich um einen anfechtbaren ”Irrtum bei der Willensäußerung”. Er kommt vor als Inhaltsirrtum, bei dem der Erklärende zwar die Willenserklärung abgibt, die er abgeben will, aber über den Inhalt irrt, der seiner Erklärung durch Auslegung beigelegt wird.
  • Beim Erklärungsirrtum gibt der Erklärende die Willenserklärung nicht so ab, wie er sie abgeben wollte (verschreiben, versprechen, ….
  • Daneben ist die fehlerhafte Übermittlung der Willenserklärung, z. B. durch einen Boten, durch die Post usw. denkbar. Die fehlerhafte Übermittlung ist wie ein Erklärungsirrtum zu behandeln.BGH NJW 2005, 976 977
  • Geht der Erklärende von einem falschen Umstand aus, der ihn zu seiner Willenserklärung bringt, so handelt es sich um einen ”Irrtum bei der Willensbildung”. Ein solcher Willensmangel wird auch Motivirrtum genannt, der grundsätzlich nicht zur Anfechtung der Willenserklärung berechtigt. Anders ist das bei einem Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften der Person oder Sache Eigenschaftsirrtum. Eigenschaften einer Person könnten sein: Erlernter Beruf bei einem Arbeitsvertrag, Kreditwürdigkeit beim Ratenkauf. Eigenschaften einer Sache sind z. B. Material bei einem Ring vergoldet.
  • Anfechtbar ist auch die durch arglistige Täuschung verursachte Willenserklärung.

Wirksamwerden einer Willenserklärung

Liegen die Voraussetzungen des objektiven und soweit erforderlich subjektiven Tatbestandes der Willenserklärung vor, bedarf es noch weiterer Umstände zu ihrem Wirksamwerden. Hierbei ist zwischen Willenserklärungen die empfangsbedürftig sind und solchen die es nicht sind zu unterscheiden.

Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen

Nicht empfangsbedürftige Willenserklärung sind lediglich bei der Auslobung, sowie der Errichtung einer Stiftung oder eines Testament Testamentes gegeben. Eine solche Willenserklärung wird mangels Empfänger schon durch die Abgabe i.S. einer einfachen willentlichen Entäußerung wirksam.

Beispiel: Für die Wirksamkeit eines Testamentes genügt es, dass dieses niederzuschreiben wurde. Einer Weiterleitung an die begünstigten Personen bedarf es nicht.

Empfangsbedürftige Willenserklärung

Eine empfangsbedürftige Willenserklärung erfordert neben der Abgabe noch den Zugang beim Erklärungsempfänger oder seinem Vertreter um wirksam werden. Abgabe meint hier jedoch nicht nur die einfache willentliche Entäußerung, sondern dass die Willenserklärung derart willentlich entäußert worden ist, dass unter regelmäßigen Umständen der Zugang beim Empfänger erwarten werden darf.

Der Zugang meint wiederum, dass die abgegebene Willenserklärung derart in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt ist, dass unter regelmäßigen Umständen die Möglichkeit der Kenntnisnahme erwarten werden darf. Auf eine tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nur dann an, wenn diese zeitlich vor der fingierten Kenntnisnahme liegt. Beispiele: Für die Wirksamkeit eines Angebotes in Form eines Briefes muss der Brief erstens frankiert und mit korrekter Adresse des Empfängers bei der Post aufgegeben worden sein Abgabe, zweitens die Post den Brief in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen haben und drittens der Briefkasten unter regelmäßigen Umständen geleert worden sein Zugang.

Widerruf von Willenserklärungen

Willenserklärungen sind bis zum Eintritt der mit ihnen beabsichtigten Rechtsfolge frei widerrufbar, es sei denn, dass Gesetz oder der Erklärende selbst bestimmen etwas anderes. In diesen Fällen sind empfangsbedürftige Willenserklärung nur noch widerrufbar, wenn der Widerruf dem Empfänger vor der oder gleichzeitig mit der Willenserklärung zugeht.

Siehe auch

  • reservatio mentalis

Einzelnachweise

  • http://de.wikipedia.org/wiki/Willenserkl%C3%A4rung#Arten_von_Willenserkl.C3.A4rungen 05.11.2014

Lizenzinformation zu diesem Artikel

Dieser Artikel basiert auf dem in den Quellen angeführten Wikipedia-Artikel, verfügbar unter der LizenzCC BY-SA 3.0“.

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