Bestbieterprinzip

Beim Bestbieterprinzip handelt es sich um einen Begriff aus dem Vergaberecht. Der öffentliche Auftraggeber kann als Zuschlagssystem entweder den niedrigsten Preis (Billigstbieterprinzip) oder das „wirtschaftlich günstigsten Angebot“ (Bestbieterprinzip) festlegen. Dies bedeutet, dass neben dem Preis auch ein weiteres (qualitatives) Kriterium für die Angebotsbewertung herangezogen wird (zB die Ausarbeitung eines Konzepts).

Wahl des Zuschlagsprinzips

Der Auftraggeber hat bereits zu Beginn des Vergabeverfahrens festzulegen, nach welchem Prinzip (Billigst- oder Bestbieterprinzip) er nach Abschluss des Vergabeverfahrens den Zuschlag erteilen möchte. Der Auftraggeber ist bei der Wahl zwischen diesen beiden Prinzipien grundsätzlich frei. Das Gesetz geht aber von einer Präferenz zugunsten des Bestbieterprinzips aus. So kann der öffentliche Auftraggeber zB nur unter der Voraussetzung, dass der Qualitätsstandard einer Leistung klar beschreibbar ist, das Billigstbieterprinzip wählen.

In manchen Fällen ist das Bestbieterprinzip zwingend vorgeschrieben. Eine zwingende Anwendung des Bestbieterprinzips besteht in fünf Fällen (§ 91 Abs 5 BVergG 2018) und zwar

  • bei Dienstleistungen, die im Verhandlungsverfahren gemäß § 34 Z 2 bis 4 BVergG 2018 vergeben werden sollen (insbesondere „geistige Dienstleistungen“),
  • wenn die Beschreibung der Leistung im Wesentlichen funktional erfolgt („funktionale Leistungsbeschreibung“),
  • bei Bauaufträgen, deren geschätzter Auftragswert mindestens EUR 1 Mio (exkl USt) beträgt,
  • bei einer Auftragsvergabe im Wege eines wettbewerblichen Dialogs und
  • bei einer Auftragsvergabe im Wege einer Innovationspartnerschaft.

Zuschlagskriterien beim Bestbieterprinzip

Der öffentliche Auftraggeber hat in der Bekanntmachung bzw den Ausschreibungsunterlagen alle Zuschlagskriterien, die zur Bewertung des Angebots vorgesehen sind, anzugeben. Als Zuschlagskriterien können beispielsweise folgende Kriterien festgelegt werden: Qualität, Preis technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebskosten, Rentabilität, Kundendienst und technische Hilfe, Lieferzeitpunkt, Lieferungs- und Ausführungsfrist etc. Die Zuschlagskriterien müssen dabei direkt den jeweiligen Leistungsgegenstand betreffen (zB Qualität, technischer Wert, Zweckmäßigkeit) oder damit zumindest in engem Zusammenhang stehen (zB Kundendienst, Ersatzteile).

Die Zuschlagskriterien sind im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben. Das bedeutet, dass der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien zu gewichten hat, um dadurch eine objektive Nachvollziehbarkeit der Bestbieterermittlung zu gewährleisten.

„Horizontales Bestbieterprinzip“

Grundsätzlich dürfen nur solche Zuschlagskriterien zur Anwendung kommen, die mit dem Auftragsgegenstand in direktem Zusammenhang stehen. Im Vergaberecht wird allerdings schon lange diskutiert, ob bzw in welchem Ausmaß Umwelt-, volkswirtschaftliche oder soziale Aspekte berücksichtigt werden dürfen.

Bei der Vergabe einiger Leistungen hat der öffentliche Auftraggeber nunmehr derartige qualitätsbezogene Aspekte (Umweltgerechtheit der Leistung, sozialpolitische Belange und/oder innovative Aspekte) bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen, der Eignungskriterien oder der Zuschlagskriterien oder bei der Festlegung der Bedingungen für die Ausführung des Auftrages festzulegen (sogenanntes „horizontales Bestbieterprinzip“). Bei diesen Leistungen handelt es sich um unmittelbar personenbezogene Gesundheits- oder Sozialdienstleistungen, um Beschaffungen im öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr, und Beschaffung von Lebensmitteln sowie um Beschaffungen im Bereich der Gebäudereinigung und der Bewachung.

Quellen

  • Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4 (2015)
  • Heid/Reisner/Deutschmann/Hofbauer, BVergG 2018 (2019)
  • Heid & Partner Rechtsanwälte GmbH, www.heid-partner.at
Bewertung dieses Artikels

Teilen   

heid-partner
berthold-hofbauer-titelbild-800x800

Kanzlei-Empfehlung

Videos

Podcast

Einfach in 3 Schritten einen Anwalt finden, der auf Ihr Rechtsproblem spezialisiert ist

Ein zugelassener Anwalt / eine zugelassen Anwältin ist dafür da, über Rechtsfragen zu beraten und Klienten vor Gericht zu vertreten. Es ist seine Aufgabe, Dienstleistungen im Bereich der Rechtsberatung zu erbringen und Klienten vor Gericht zu vertreten. Mit diesem Wissen kennt er alle relevanten Herausforderungen dieses Systems und ist mit allen einschlägigen Rechtsnormen vertraut.

Fachexperten auf Ihrem Gebiet

Anwalts-Empfehlungen gefiltert durch das RechtEasy-Team -Best Choice der Anwälte in Österreich

Chatbox aufmachen

Klicken Sie auf den blauen Button im rechten unteren Eck und wählen aus, dass Sie eine Anwaltsempfehlung benötigen.

Problem schildern

Erklären Sie, welches Anliegen Sie haben. Gehen Sie hier auch gerne ins Detail.

Zurücklehnen

Unser Team beurteilt Ihre Rechtsfrage und vermittelt den richtigen Anwalt/die richtige Anwältin für Sie in Ihrer Region.

Die Vermittlung ist kostenlos. Der jeweilige Anwalt wird Ihnen vorab die genauen Kosten mitteilen, sodass Sie immer die volle Kontrolle haben.

Rechts unten den Chat öffnen, Rechtsfrage stellen und gleich vermitteln lassen.

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Auf RechtEasy befinden sich über 7500 Begriffserklärungen und juristische Ratgeber, die von Rechtsanwälten und Juristen verfasst wurden

Filter