Klarstellung des Obersten Gerichtshofs zum Beginn der Verjährungsfrist nach § 1487 ABGB aF beim „Vätertausch“.
Die im Pflichtteilsverfahren Beklagte war die eheliche, die Klägerin die außereheliche Tochter des 2005 verstorbenen Erblassers, der der Beklagten im Jahr 2000 Liegenschaftsanteile geschenkt hatte. Mit seit 16. 5. 2020 rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichts Bruck an der Mur wurde festgestellt (§ 150 ABGB), dass nicht der bisherige gesetzliche Vater, sondern der Erblasser der Vater der Klägerin war.
Während das Erstgericht die 2021 eingebrachte Pflichtteilsklage wegen Verjährung abwies, sprach das Berufungsgericht mit Zwischenurteil gemäß § 393a ZPO aus, das Begehren auf Zahlung des Pflichtteils sei nicht verjährt.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.
Seit 1. 1. 2005 ist eine Abstammungsfeststellung durch Abstammungsbeweis unbefristet möglich. Das gesetzliche Erbrecht und damit das Pflichtteilsrecht setzt voraus, dass die Verwandtschaft zum Erblasser rechtlich feststeht.
Gemäß der Übergangsbestimmung des § 1503 Abs 7 Z 9 erster Satz ABGB ist die kenntnisabhängige, dreijährige Verjährungsfrist des § 1487a ABGB idF des ErbRÄG 2015 anzuwenden, wenn das Recht am 1. 1. 2017 nach dem bis dahin geltenden Recht nicht bereits verjährt ist.
§ 1487 ABGB aF normiert für den übergangenen Noterben eine kenntnisunabhängige, dreijährige Verjährungsfrist. Mangels Sonderregel zum Beginn des Fristenlaufs fängt die Verjährung gemäß § 1478 Satz 2 ABGB (erst) mit dem Zeitpunkt zu laufen an, in dem der Pflichtteilsanspruch „an sich schon hätte ausgeübt werden können“. Fragen der Vaterschaft sind grundsätzlich im Abstammungsverfahren mit „erga omnes“ Wirkung zu klären. Eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Pflichtteilsverfahren kommt in der vorliegenden Konstellation nicht in Betracht.
Die mit erga omnes Wirkung feststehende Abstammung steht bis zur ihrer Beseitigung im dafür vorgesehenen Verfahren einer damit in Widerspruch stehenden Rechtsausübung entgegen. Nach der Rechtslage vor dem ErbRÄG 2015 begann daher die dreijährige Verjährungsfrist zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen nach § 1487 ABGB aF bei postmortaler Abstammungsfeststellung nach § 150 ABGB („Vätertausch“) gemäß § 1478 Satz 2 ABGB erst mit Rechtskraft der Entscheidung im Statusverfahren (hier am 16. 5. 2020). Zuvor konnte das Pflichtteilsrecht nämlich nicht ausgeübt werden.
Nach § 1503 Abs 7 Z 9 zweiter Satz ABGB beginnt der Lauf der in § 1487a ABGB vorgesehenen kenntnisabhängigen Frist in Fällen, in denen der Anspruch zum 1. 1. 2017 noch nicht verjährt war, mit dem 1. 1. 2017. Diese Bestimmung findet allerdings kraft teleologischer Reduktion auf solche Ansprüche keine Anwendung, deren Verjährung zum 1. 1. 2017 noch gar nicht begonnen hatte.
Offen lassen konnte der Oberste Gerichtshof die Frage, ob im Anwendungsbereich des ErbRÄG 2015 die Verjährung von Pflichtteilsansprüchen im Fall postmortaler Abstammungsfeststellung schon vor rechtskräftiger Statusentscheidung zu laufen beginnen kann, weil die Klägerin weniger als drei Jahre vor Einbringung der Klage Kenntnis von ihrer wahren Abstammung erlangte.