VKI: Unzulässige Entgelte – OGH-Urteil zu Paylife Maestro Gutscheinkarten

Regelungen für Rücktauschgebühren und Bereithaltungsentgelt sind gesetzwidrig

Wien (OTS/VKI) – Paylife Maestro Gutscheinkarten werden in mehreren Einkaufszentren in den Bundesländern Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark genutzt und können mit einem gewünschten Betrag in der Höhe von 10 bis 150 Euro aufgeladen werden. Herausgegeben werden diese Karten von der BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse Aktiengesellschaft (Bawag). Die Gutscheinkarten, die unter anderem auch im Donau Zentrum und der Shopping City Süd eingesetzt werden, sind ab Ausstellungstag 12 bzw. 15 Monate gültig. Nach Ablauf der Gültigkeit wird den Karteninhaber:innen eine Bereitstellungsgebühr verrechnet, bis das Guthaben aufgebraucht ist. Bei Rücktausch des Guthabens wird in bestimmten Fällen zudem eine Gebühr fällig. Der VKI beanstandete die diesbezüglichen Klauseln in den AGB und reichte im Auftrag des Sozialministeriums Klage gegen die Bawag ein. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte die Gesetzwidrigkeit der eingeklagten Klauseln. Das Urteil ist rechtskräftig. Die Bawag muss das Urteil innerhalb einer Frist von sechs Monaten umsetzen.

Im Fokus des Verfahrens standen vor allem die Rücktauschgebühren und das monatliche Bereithaltungsentgelt. Die Bawag verrechnet bei der Gutscheinwertkarte nach dem Ende ihrer einjährigen Gültigkeit ein Bereithaltungsentgelt in Höhe von monatlich 2 Euro. Dieses Bereithaltungsentgelt wird direkt vom auf der Wertkarte verfügbaren Guthaben abgezogen, und zwar so lange, bis das Guthaben aufgebraucht ist. Für die ersten drei Monate ab Ende der Gültigkeitsdauer der Gutscheinwertkarte wird dieses Entgelt nicht verrechnet. Der VKI sah in diesem Bereithaltungsentgelt eine Gesetzwidrigkeit und klagte. Der OGH gab dem VKI Recht und bejahte eine gröbliche Benachteiligung für die Verbraucher:innen. Die Frist von zwölf Monaten – wie auch die Frist von 15 Monaten, innerhalb derer eine abzugsfreie Verfügung möglich ist – ist laut OGH unangemessen kurz. Vergisst der Karteninhaber z.B. darauf, die Karte zu verwenden, führt diese Gebühr dazu, dass sich das Kartenguthaben jährlich um 24 Euro vermindert, was eine „Aufzehrung“ des Guthabens (von 10 bis 150 Euro) binnen kurzer Zeit mit sich bringt. Für diesen schleichenden Verfall bestehe, so der OGH, keinerlei sachliche Rechtfertigung.

Bei der Paylife Maestro Gutscheinkarte handelt es sich um eine besondere Form einer Gutscheinwertkarte, auf die das E-Geldgesetz anwendbar ist, weswegen – anders als bei gewöhnlichen Gutscheinen – ein gesetzlicher Anspruch auf Rückerstattung des Guthabens besteht. Für unzulässig erklärt wurde in diesem Zusammenhang auch eine Klausel, welche für bestimmte Formen des Guthabenrücktausches ein Rücktauschentgelt in Höhe von 5 Prozent des rückgetauschten Betrages, mindestens 2 Euro bis maximal 5 Euro vorsah. Der OGH beurteilte diese Klausel als gröblich benachteiligend, weil es nicht ersichtlich ist, warum es – abweichend vom grundsätzlich bestehenden Recht, mit einem Gutschein Waren innerhalb von 30 Jahren zu beziehen – einer derart kurzen Frist von einem Jahr zur Einlösung des Guthabens plus eines weiteren Jahres für die kostenfreie Rücktauschmöglichkeit bedarf. Aber auch hinsichtlich der festgesetzten Beträge für den Rücktausch, vor allem hinsichtlich des Mindestentgeltes in Höhe von 2 Euro, erkannte der OGH eine gröbliche Benachteiligung, zumal dies bei einem (Mindest-)Gutscheinbetrag von 10 Euro zu einer Gebühr von 20 Prozent des gesamten Gutscheinwerts führt, wofür jegliche sachliche Rechtfertigung fehlt.

„Mit der aktuellen Entscheidung des OGH liegt uns ein sehr erfreuliches Urteil vor, das im Bereich der Gutscheinwertkarten Rechtsklarheit mit sich bringt und auch auf andere Anbieter solcher Gutscheinwertkarten ausstrahlen wird. Denn gerade kurze Einlösungsfristen in Verbindung mit einem Bereithaltungsentgelt sorgen bei Verbraucher:innen immer wieder für Unverständnis und böses Erwachen, wenn sie feststellen, dass das Guthaben durch das Bereithaltungsentgelt fast aufgebraucht ist“, kommentiert Dr. Joachim Kogelmann, zuständiger Jurist im VKI das Urteil.

Aus Sicht des VKI haben Verbraucher:innen – nach Ablauf der vom Gericht zugesprochenen sechsmonatigen Leistungsfrist für die Urteilsumsetzung – Anspruch auf Rückerstattung der nun zu Unrecht bezahlten Entgelte.

SERVICE
: Das Urteil im Volltext gibt es auf www.verbraucherrecht.at/Bawag01062023.

Teilen   

Kanzlei-Empfehlung

ORS Rechtsanwälte
rechtsanwalt-wolfgang-Orsini-und-Rosenberg
5,0

Videos

Podcast

Einfach in 3 Schritten einen Anwalt finden, der auf Ihr Rechtsproblem spezialisiert ist

Ein zugelassener Anwalt / eine zugelassen Anwältin ist dafür da, über Rechtsfragen zu beraten und Klienten vor Gericht zu vertreten. Es ist seine Aufgabe, Dienstleistungen im Bereich der Rechtsberatung zu erbringen und Klienten vor Gericht zu vertreten. Mit diesem Wissen kennt er alle relevanten Herausforderungen dieses Systems und ist mit allen einschlägigen Rechtsnormen vertraut.

Fachexperten auf Ihrem Gebiet

Anwalts-Empfehlungen gefiltert durch das RechtEasy-Team -Best Choice der Anwälte in Österreich

Chatbox aufmachen

Klicken Sie auf den blauen Button im rechten unteren Eck und wählen aus, dass Sie eine Anwaltsempfehlung benötigen.

Problem schildern

Erklären Sie, welches Anliegen Sie haben. Gehen Sie hier auch gerne ins Detail.

Zurücklehnen

Unser Team beurteilt Ihre Rechtsfrage und vermittelt den richtigen Anwalt/die richtige Anwältin für Sie in Ihrer Region.

Die Vermittlung ist kostenlos. Der jeweilige Anwalt wird Ihnen vorab die genauen Kosten mitteilen, sodass Sie immer die volle Kontrolle haben.

Rechts unten den Chat öffnen, Rechtsfrage stellen und gleich vermitteln lassen.

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Auf RechtEasy befinden sich über 7500 Begriffserklärungen und juristische Ratgeber, die von Rechtsanwälten und Juristen verfasst wurden

Filter