Nationalrat: Ausweitung des Korruptionsstrafrechts beschlossen

Zadić: Korruption ist Gift, das Grundversprechen an Menschen bricht

Wien (PK) – Grünes Licht gaben die Abgeordneten in der heutigen Nationalratssitzung auch für eine Erweiterung des Korruptionsstrafrechts. Diese sieht unter anderem Regelungen für den Mandatskauf und einen erweiterten Strafrahmen vor. Ebenso werden nun Kandidat:innen auf ein Amt durch das Strafrecht erfasst. Justizministerin Alma Zadić hob den Handlungsbedarf hervor, da Korruption ein Gift für die Demokratie sei und ein Grundversprechen an die Menschen breche.

Vertreter:innen der ÖVP und Grünen befürworteten die Regelung als wichtigen Schritt zur Bekämpfung von Korruption. Die Opposition hingegen kritisierte die Regelung. So sprachen SPÖ und NEOS von einer “Mogelpackung”, einer “Augenauswischerei” sowie einer vertanen Chance. Die FPÖ bemängelte zu vage Formulierungen und forderte Maßnahmen gegen den Geldfluss über parteinahe Einrichtungen.

Ausweitungen im Korruptionsstrafrecht

Mit den Änderung des Korruptionsstrafrechts soll künftig etwa eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn bzw. 15 Jahren bei sämtlichen Korruptionsdelikten des öffentlichen Bereichs drohen, wenn der Wert des erzielten Vorteils 300.000 € übersteigt. Bis Ende 2027 ist eine Evaluierung für die neuen Regelungen vorgesehen. Zudem wird die Strafbarkeit auf Kandidat:innen für ein Amt erweitert. Kandidat:in für ein Amt ist jede Person, die sich in einem Wahlkampf, einem Bewerbungs- oder Auswahlverfahren oder ähnlichem zu einer Funktion als Amtsträger:in, als oberstes Vollzugsorgan des Bundes oder eines Bundeslandes oder als Organ zur Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung befindet, sofern die Erlangung der Funktion “nicht gänzlich unwahrscheinlich” ist.

Vorgesehen werden auch Strafen, wenn Verantwortliche einer wahlwerbenden Partei für die Einflussnahme auf die Zuteilung eines Mandats ein Entgelt fordern, annehmen oder sich versprechen lassen. Ebenso bestraft werden sollen jene Personen, die das Entgelt anbieten, versprechen oder gewähren. Voraussetzung ist, dass es tatsächlich zur Angelobung bzw. zur Einnahme des Sitzes gekommen ist. Die Regelung ist auf Wahlen zum Nationalrat, zu einem Landtag oder zum Europäischen Parlament beschränkt. Geregelt werden soll außerdem, dass auch Personen aus dem Familienkreis von Amtsträger:innen oder der Schiedsrichter:innen auf die Verwendung der Vorteile für gemeinnützige Zwecke keinen bestimmenden Einfluss ausüben dürfen.

Ergänzend zu den vorgeschlagenen Änderungen im Strafgesetzbuch sollen auch die Bestimmungen zur Wählbarkeit in der Nationalratswahlordnung und in der Europawahlordnung verschärft werden. Damit erhält der Verfassungsgerichtshof das Recht, auf Antrag des jeweils zur Kontrolle berufenen Vertretungskörpers bestimmte Mandate bzw. Ämter aberkennen zu können. Dies betrifft Mitglieder und Präsident:innen des Nationalrats, des Bundesrats oder eines Landtags, Mitglieder der Bundesregierung und der Landesregierungen, Staatssekretär:innen, österreichische EU-Parlamentsabgeordnete, Rechnungshofpräsident:innen, Volksanwält:innen sowie Bundespräsident:innen. Voraussetzung dafür ist, dass er oder sie während der Amtsführung die Wählbarkeit verliert, weil er oder sie rechtskräftig zu einer sechs Monate übersteigenden Freiheitsstrafe wegen der Delikte Bestechlichkeit, Vorteilsannahme, Vorteilsannahme zur Beeinflussung, Bestechung, Vorteilszuwendung oder Vorteilszuwendung zur Beeinflussung verurteilt wird.

Zadić: Korruption bricht Grundversprechen an Menschen

Zwei Drittel der Menschen würden laut Umfragen Österreich als korrupt befinden, erklärte Justizministerin Alma Zadić. Dies zeige den Handlungsbedarf, dass man gegen Korruption vorgehen müsse. Diese sei ein Gift für die Demokratie und die Gesellschaft, da sie zwei Grundversprechen breche. Nämlich, dass jeder Mensch zu gleichen Teilen an der Demokratie mitwirken könne und dass Regeln für alle gleich gelten würden. Es dürfe nicht sein, dass Regeln für manche besser gelten. Als Folge würden sich Menschen von der Demokratie abwenden und dies gefährde das Zusammenleben. Es brauche daher eine Generalsanierung. Dazu würden einerseits Maßnahmen zur Prävention durch Transparenz und raschere, effizientere Ermittlungsverfahren sowie Maßnahmen für strengere Korruptionsgesetze getroffen.

ÖVP: Ambitionierter und rechtsstaatlich einwandfreier Weg

Eine unparteiliche und saubere Amtsführung sei das Ziel, befürwortete Michaela Steinacker (ÖVP) einen ambitionierten und rechtsstaatlich einwandfreien Weg. Mit den Regelungen würden nun wichtige Lücken geschlossen.

Österreich werde in den Rankings in Folge des neuen Korruptionsstrafrechts wieder steigen, zeigte sich ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker in Richtung der SPÖ überzeugt. Strafrecht bedeute, dass ein Verhalten verpönt werde und dies erfolge mit dieser Regelung. Der Intention der Korruptionsbekämpfung werde damit Rechnung getragen.

Grüne: Auf allen Ebenen gegen Korruption vorgehen

Korruption sei ein absolutes Gift für die Demokratie, betonte die Grüne-Klubvorsitzende Sigrid Maurer. Sie dürfe sich nicht auszahlen. Das sei die Politik ihren Wähler:innen schuldig. Die Verschärfung des Korruptionsstrafrechts sei nun ein Lückenschluss und es werde auf allen Ebenen gegen Korruption vorgegangen. Wer künftig gegen das Recht verstoße, habe nicht nur ein Problem mit seinem Gewissen sondern ein viel größeres mit dem Strafrecht. Damit werde der “Ibiza-Partei” das Handwerk gelegt. Das österreichische Recht sei international streng. Die Rankings würden nicht aufgrund der fehlenden Gesetzgebung sondern aufgrund der vielen Korruptionsvorfälle resultieren. Diese würden durch die Justiz aufgearbeitet und geklärt.

Korruption müsse an der Wurzel bekämpft werden, sprach Agnes Sirkka Prammer (Grüne) von einem “riesengroßen Schritt” in Richtung einer sauberen Politik. Dem Staat würde durch Korruption sehr viel Geld und damit Möglichkeiten, Menschen zu unterstützen, entgehen. Offenbar gebe es aber in bestimmten Parteien nach wie vor kein Bewusstsein, dass etwas schief gelaufen sei, meinte Prammer in Richtung der FPÖ.

SPÖ: “Beruhigungstablette” und “Mogelpackung” statt richtiger Maßnahmen

Es hätte der Regierung nach das strengste und schärfste Korruptionsbekämpfungsgesetz werden sollen, geworden sei es aber eine “Mogelpackung”, eine “Augenauswischerei” und eine vergebene Chance, eröffnete Selma Yildirim (SPÖ) ihre Rede. Österreich stehe international in Kritik und verschlechtere sich zusehends in Rankings. Dennoch würde die Regierung keine Maßnahmen wie eine unabhängige Bundesstaatsanwaltschaft oder ein Informationsfreiheitsgesetz beschließen. Wenn die Regierung nicht fähig sei, große Entscheidungen zu treffen, solle sie den Weg für Neuwahlen frei machen.

Es werde eine “Beruhigungstablette” aber kein effektives Vorgehen serviert, bemängelte auch Harald Troch (SPÖ) die Gesetzesinitiative. Prinzipiell sei es gut, den Mandatskauf strafbar zu machen, in der vorgelegten Regelung sei dieser allerdings zu bestimmten Zeitpunkten weiterhin möglich. Die Justiz als wesentliche Säule der Korruptionsverfolgung brauche eine entsprechende Personalausstattung und eine weisungsfreie Bundesstaatsanwaltschaft.

FPÖ: Maßnahmen gegen Geldfluss über parteinahe Einrichtungen

Hinter dem Korruptionsstrafrecht würden keine gute Absichten stehen, bemängelte Harald Stefan (FPÖ) unklare Formulierungen und forderte ein Vorgehen gegen die Geldverschiebung in parteinahe Einrichtungen. Zudem hob Stefan hervor, dass es im angeprangerten Ibiza-Video auch entlastende Passagen gebe und es mittlerweile zahlreiche Freisprüche zu den Vorwürfen gebe.

NEOS: “Ibiza-Träume” weiter möglich

Korruption und “Freunderlwirtschaft” seien ein Gift und “unerträglich”, meinte Nikolaus Scherak (NEOS) und befand die Reform als “halbherzig” und als ein “Armutszeugnis” sowie eine “Mogelpackung”. Nichts was HC Strache auf Ibiza geträumt habe, werde durch das Gesetz verboten, alles sei weiter möglich. Korruption erzeuge einen jährlichen Schaden von 15 Mrd. €. Diese Mittel würden für zukunftsorientierte Investitionen fehlen. (Fortsetzung Nationalrat) pst

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar

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