Wirtschaftsministerium kontrastiert Ministerialentwurf des Justizministeriums
Wien (OTS) – Die EU Richtlinie für Verbandsklagen hätte bis 25.12.2022 in österreichisches Recht umgesetzt werden müssen. Die EU Kommission hat wegen des Verzuges damit gegen Österreich bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Die Bundesregierung hat sich aber doch noch auf einen koordinierten Ministerialentwurf des Justizministeriums (Grüne) geeinigt. Soll eine Regierungsvorlage noch vor der Nationalratswahl beschlossen werden, dann müsste diese am Mittwoch den 12.6.2024 im Ministerrat beschlossen und dem Nationalrat zugeleitet werden. Noch im Juli könnten National- und Bundesrat zustimmen und das Gesetz könnte noch im Sommer in Kraft treten.
Der Verbraucherschutzverein (VSV) hat den Ministerialentwurf grundsätzlich begrüßt und hofft auf eine rasche Beschlussfassung“, sagt Daniela Holzinger, Obfrau des VSV.„
Doch nun liegt auch eine Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums (ÖVP) vor, die wesentliche Inhalte des Entwurfes kontrastiert. Bahnt sich da ein Koalitionsstreit um die Umsetzung der Richtlinie an?“, fragt Daniela Holzinger.
Drei Punkte fallen dabei in die Augen:
1. „Eine QE (qualifizierte Einrichtung für Verbandsklagen) darf laut Entwurf nicht mehr als 20% ihrer finanziellen Mittel durch unentgeltliche Zuwendungen von Unternehmen beziehen. Die Grenze für finanzielle Mittel sollte nicht nur unentgeltliche finanzielle Zuwendungen erfassen, sondern alle finanziellen Zuwendungen. … Die Bestimmung sollte auch nicht auf Unternehmen beschränkt sein.”
„Damit würde jenen NGOs, die nun Anträge auf Anerkennung als QE stellen könnten, defacto die Möglichkeit genommen, für den Sammelaufwand den Anwälten und dem Prozessfinanzierer Kosten in Rechnung zu stellen. Auch Förderungen durch den Staat und Spenden von Verbrauchern wären Ausschlussgründe, als QE anerkannt zu werden,“ kritisiert Holzinger
2. „Dem Drittfinanzierer darf bei einer Verbandsklage auf Abhilfe (Sammelklage) ein wirtschaftlicher Anteil von maximal 10% an der vom beklagten Unternehmer zu erbringenden Leistung versprochen werden.”
„Es ist praxisfremd, dass man zur Finanzierung der Kosten einer Sammelklage einen Prozessfinanzierer für eine Erfolgsquote von maximal 10% finden könnte. Diese Forderung zielt darauf ab, Prozessfinanzierungen defacto auszuschließen,“ sagt Holzinger.
3. „§ 5 (Abhilfeklage = Sammelklage) ist nicht auf Ansprüche anwendbar, die aufgrund von Rechtsverletzungen entstanden sind, die mehr als drei Jahre vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes gesetzt wurden.”
„Damit sollen Rechtsverletzungen bei Kreditverträgen (zB illegale Kreditbearbeitungsgebühren), bei Index-Klauseln in Mietverträgen, bei falschen Rücktrittsbelehrungen bei Lebensversicherungen und in vielen anderen Bereichen gegen Abhilfeklagen immunisiert werden. Denn Zahlungen ohne tauglichen Rechtsgrund könnte man 30 Jahre lang zurückfordern. Das soll verhindert werden,“ kritisiert Holzinger.
„Der VSV hofft, dass die Grünen gegenüber diesen neuen Wünschen der ÖVP standhaft bleiben und nicht durch Verwirklichung dieser Wünsche die Umsetzung der Verbandsklagen Richtlinie ad absurdum führen,“ hofft Holzinger.