Der Begriff „Tarifpluralität“ bezieht sich speziell auf das deutsche Arbeitsrecht und wird im österreichischen Recht in dieser Form nicht verwendet. In Deutschland beschreibt Tarifpluralität die Situation, in der in einem Betrieb mehrere Tarifverträge unterschiedlicher Gewerkschaften nebeneinander bestehen können, die für unterschiedliche Beschäftigtengruppen gelten.
Im österreichischen Kontext gibt es zwar Konzepte der Kollektivvertragsverhandlungen und der Anwendung von Kollektivverträgen, jedoch ist das rechtliche Umfeld und der Sprachgebrauch anders strukturiert. In Österreich regeln Kollektivverträge die Arbeits- und Entlohnungsbedingungen für ganze Branchen oder Berufszweige.
Die gesetzliche Grundlage für Kollektivverträge in Österreich befindet sich im Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG), insbesondere in den Paragraphen 2 bis 18 ArbVG, die die abgeschlossenen Kollektivverträge, die Möglichkeit zur Anfechtung und die Bindungswirkung solcher Verträge behandeln.
Ein Kollektivvertrag in Österreich gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer eines Betriebes, unabhängig von deren Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, sofern der Arbeitgeber selbst Mitglied beim zuständigen Arbeitgeberverband ist oder einen eigenen Kollektivvertrag abgeschlossen hat. Die Bindung an diese Verträge hebt die Versuchung auf, unterschiedliche Tarifverträge für verschiedene Gruppen im selben Betrieb anzuwenden, was dem Konzept der „Tarifpluralität“ im deutschen Recht entspricht.
In der Praxis bedeutet dies, dass in einem österreichischen Betrieb typischerweise ein einziger Kollektivvertrag zur Anwendung kommt, der die Rahmenbedingungen für alle Beschäftigten abdeckt. Bei Unternehmensübernahmen oder Neugründungen kann es jedoch zu Überschneidungen oder Änderungen kommen, die durch Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern (Gewerkschaften und Arbeitgebervertretungen) gelöst werden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass in Österreich Tarifpluralität im deutschen Sinne kaum vorkommt, da die Kollektivverträge umfassender und im Vorhinein klarer geregelt sind, sodass für die meisten Situationen eindeutige Regelungen bestehen.