Erste Rechtsprechung zu § 753 ABGB idF ErbRÄG 2015. .
Die 2018 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorbene Erblasserin hatte zwei Kinder, eine Tochter (die nunmehrige Revisionsrekurswerberin) und einen Sohn. Beide Kinder gaben aufgrund des Gesetzes bedingte Erbantrittserklärungen jeweils zum halben Nachlass ab.
Die Tochter behauptete im Verlassenschaftsverfahren, dass die Erblasserin dem Sohn mehrere Anteile an Liegenschaften und Gesellschaften geschenkt und daher eine „Hinzurechnung von Vermögen gemäß §§ 753 ff ABGB“ zu erfolgen habe. Die Tochter beantragte die Bewertung dieser Schenkungen im Verlassenschaftsverfahren.
Die Vorinstanzen wiesen diesen Antrag ab.
Der Oberste Gerichtshof gab dem außerordentlichen Revisionsrekurs der Tochter nicht Folge.
Nach § 753 ABGB idF ErbRÄG 2015 muss sich ein Kind bei der gesetzlichen Erbfolge auf Verlangen eines anderen Kindes eine Schenkung unter Lebenden – von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen – anrechnen lassen. Diese Ausweitung der Anrechnung bei der gesetzlichen Erbfolge von Kindern durch das ErbRÄG 2015 ändert aber nichts daran, dass die Anrechnung die Erbquoten nicht verschiebt oder verändert, sondern nur einen Wertausgleich herbeiführen soll, sohin die Werte verändert, die die Erben aus dem Nachlass erhalten. Letztlich geht es damit um eine Frage der Erbteilung.
Der Oberste Gerichtshof formulierte folgenden Rechtssatz:
Über die Berechtigung der von einem Kind nach § 753 ABGB verlangten Anrechnung von Schenkungen auf den gesetzlichen Erbteil ist nicht im Verlassenschaftsverfahren abzusprechen. Differenzen zwischen den eigenberechtigten Erbprätendenten über die Frage der Anrechnung auf den Erbteil stehen einer Einantwortung des Nachlasses an sich nicht entgegen. Über die aus diesen Differenzen resultierende Uneinigkeit über die Erbteilung ist vielmehr im streitigen Rechtsweg zu entscheiden.