ÖRAK-Präsident Armenak Utudjian wiedergewählt; Kostenersatz bei Freispruch im Strafverfahren gefordert
Linz (OTS) – Der Anwaltstag, die jährliche Fachtagung der österreichischen Rechtsanwaltsanwältinnen und Rechtsanwälte, findet in diesem Jahr vom 21. – 23. September in Linz statt. Auf dem umfangreichen Programm stehen dabei Fachvorträge, Podiumsdiskussionen, Workshops sowie Aus- und Fortbildungsseminare.
Traditionell richten die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Zuge des Anwaltstags immer auch konkrete Forderungen an die Politik. Dem am Donnerstag-Nachmittag für die Dauer von drei Jahren wiedergewählten Präsidenten des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK), Armenak Utudjian, ist vor allem der Kostenersatz bei Freisprüchen und Einstellungen im Strafverfahren ein Anliegen.
„Wir haben uns beim Justizministerium mit einem Modell eingebracht, das die Festsetzung eines angemessenen Kostenersatzes auf Basis der Allgemeinen Honorar-Kriterien vorsieht. Aber jetzt erwarten wir uns auch, dass zügig umgesetzt wird“, so Utudjian in seiner Eröffnungsrede vor 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, darunter die Bundesministerinnen Alma Zadić und Karoline Edtstadler. Darüber, dass es endlich eine angemessene Entschädigung bei Freispruch oder Einstellung geben müsse, „seien sich ja alle Parteien einig.“
Er betont weiters: „Der Staat hat seine Bürgerinnen und Bürger, wenn er sie zu Unrecht beschuldigt, auch angemessen zu entschädigen. Das Strafverfahren selbst darf nie die Bestrafung sein.“ Beschuldigtenrechte allgemein, auch über den Kostenersatz hinaus, seien nicht hoch genug einzustufen, gerade wenn es um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in ihren Staat gehe.
Mehr Geld für den Rechtsstaat
Grundsätzlich fordert Utudjian mehr Geld für den Rechtsstaat. „Der Rechtsstaat ist kein Perpetuum mobile, das sich von selbst ewig weiterdreht“, so Utudjian. Der Satz „Koste es was es wolle“ habe nur eine Berechtigung, wenn es um den Schutz und die Weiterentwicklung des Rechtsstaates gehe. Stillstand sei nicht akzeptabel, weil er in Wahrheit Rückschritt bedeute. „Ich wünsche mir für Österreich den besten Rechtsstaat der Welt und nicht nur den besten aus beiden Welten“, so Utudjian.
Mehr Staatspolitik, weniger Parteipolitik
Von der Politik erwarte er sich mehr Staatspolitik und weniger Parteipolitik. Justiz- und Rechtsstaatsthemen seien niemals für Junktime geeignet. Entweder sei etwas sachlich notwendig oder nicht. „Das ist staatspolitisches Fundament. Staatspolitische Verantwortung“, so Utudjian, „Damit vertragen sich auch monatelange interimistische Bestellungen bei hohen Funktionen in der Justiz keinesfalls“. Utudjian weiter: „Es darf nicht einmal den Anschein einer Verpolitisierung der Justiz geben. So verspielt man das Vertrauen der Bevölkerung in unsere unabhängige Gerichtsbarkeit.“ Sein Vorschlag: Eine unabhängige Auswahlkommission, in der auch die Rechtsanwaltschaft bereit wäre, ihre Expertise einzubringen.
Künstliche Intelligenz als Chance für Rechtsberufe nutzen
Die österreichische Rechtsanwaltschaft zeigt sich auf ihrer Tagung überzeugt davon, dass die digitale Welt und die Unterstützungen durch Künstliche Intelligenz ein gänzlich neues Aufgabengebiet eröffnen werden, bei dem sich auch sehr junge Kolleginnen und Kollegen von Anfang an als Expertinnen und Experten manifestieren werden.
ÖRAK-Präsident Armenak Utudjian hierzu: „Sobald Innovation in einer Gesellschaft auftritt müssen wir den Einsatz und den Umgang mit ihr diskutieren, – wo unbedingt nötig – reglementieren und dann im Alltag darüber wachen, dass sich jedes Mitglied der Gesellschaft an die ausgemachten Regeln hält. So funktioniert der Rechtsstaat.“
Einsatz für bessere Rahmenbedingungen der Berufsausübung
Als wichtigstes Schwerpunktthema seiner Präsidentschaft bezeichnet Utudjian die Beschäftigung mit der Zukunft des Berufsstandes, wobei ihm insbesondere die Attraktivität des Berufs für Frauen ein Anliegen ist. „Kein Beruf hat weniger Unterschied zwischen den Geschlechtern gemacht, als unserer. Leider auch im negativen Sinne. Hier braucht es noch bessere Rahmenbedingungen. Dafür werde ich mich weiter einsetzen“, so Utudjian.
Das wiedergewählte ÖRAK-Präsidium in der Übersicht:
Präsident Dr. Armenak UTUDJIAN (geb. 07.07.1964)
Armenak Utudjian ist seit 1993 als Rechtsanwalt in Wien tätig und langjähriges Mitglied des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien. Seit September 2011 war Utudjian Vizepräsident des ÖRAK. In dieser Funktion wurde er 2014, 2017 und 2020 durch Wiederwahl bestätigt. Seit 2021 ist Utudjian Vizepräsident der Bundeskonferenz der Freien Berufe Österreichs. Nach seiner Wahl zum Präsidenten des ÖRAK für die einjährige Restlaufzeit der Funktionsperiode im September 2022 wurde er am 21.09.2023 für eine Funktionsperiode von drei Jahren wiedergewählt.
Vizepräsidentin Mag. Petra CERNOCHOVA (geb. 15.07.1982)
Petra Cernochova ist seit 2009 als Rechtsanwältin in Wien sowie seit 2010 als Rechtsanwältin in der Tschechischen Republik tätig. Von 2015 bis 2019 war sie Mitglied des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien. Seit 2018 ist sie Vorsitzende des ÖRAK-Arbeitskreises Berufsaus- und Fortbildung. Nach ihrer Wahl zur Vizepräsidentin des ÖRAK für die einjährige Restlaufzeit der Funktionsperiode im September 2022 wurde sie am 21.09.2023 für eine Funktionsperiode von drei Jahren wiedergewählt.
Vizepräsident Dr. Bernhard FINK (geb. 11.06.1965)
Bernhard Fink ist seit 1996 als Rechtsanwalt in Kärnten tätig. Er ist seit 1997 Mitglied des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer für Kärnten, deren Vizepräsident er von 2006 bis 2020 war. Seit 2017 ist Fink Vizepräsident des ÖRAK (Wiederwahl 2020 und 2023).
Vizepräsidentin Dr. Marcella PRUNBAUER-GLASER (geb. 14.12.1957)
Marcella Prunbauer-Glaser ist seit 1987 als Rechtsanwältin in Wien tätig. Zuvor war sie bereits seit 1983 zur New York Bar zugelassen. Sie ist seit 1997 Mitglied des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien und der österreichischen Delegation zum CCBE, deren Leitung sie jahrelang innehatte. Im Jahr 2012 stand Prunbauer-Glaser als Präsidentin des CCBE an der Spitze der europäischen Rechtsanwaltschaft. Seit November 2009 ist Prunbauer-Glaser Vizepräsidentin des ÖRAK und wurde im September 2011 sowie in den Jahren 2014, 2017, 2020 und 2023 in dieser Funktion bestätigt. Im Juni 2022 wurde sie zur Präsidentin des Österreichischen Juristentages gewählt.