Der Tinder Schwindler, der Enkel-Trick & Co – alle haben eins gemeinsam. Mittels Vorspielung falscher Tatsachen locken sie ihren Opfern das Geld aus der Tasche. Die strafrechtliche Verfolgung gestaltet sich oft sehr schwierig, weil die TäterInnen oft falsche Identitäten nutzen. Dabei haben sie mit ihrem Verhalten den Tatbestand des Betruges verwirklicht.
Betrug gem § 146 StGB begeht, „wer mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, jemanden durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitet, die diesen oder einen anderen am Vermögen schädigt.“
Objektiver Tatbestand
Der objektive Tatbestand des Betruges umfasst vier Tatbestandsmerkmale. Diese bauen aufeinander auf, jedes Merkmal muss kausal für das nächste sein.
Erstes Tatbestandsmerkmal ist die Täuschung über Tatsachen: Unter Täuschung versteht man die irreführende Einwirkung auf die Vorstellung eines anderen. Alles, was beweisbar ist, ist eine Tatsache. Wenn der Tinder Schwindler seinem Opfer erklärt, dass er in akuter Gefahr ist und plötzlich nicht auf seine Konten zugreifen kann, aber dringend Geld benötigen würde, wirkt er damit aktiv auf die Vorstellung des Opfers ein. Diese Einwirkung kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen.
Zweites Tatbestandsmerkmal ist der themengleiche Irrtum. Dieser muss durch die Täuschung herbeigeführt worden sein. Das Opfer muss sich in jenem Punkt irren, in welchem es getäuscht wird. Das Opfer des Tinder Schwindlers glaubt ihm seine Geschichte, es unterliegt damit einem themengleichen Irrtum, den der Täter herbeigeführt hat.
Hat die Freundin durch jemand anderen von den „Problemen“ des Partners erfahren und bietet von sich aus Geld an, wurde der Irrtum nicht von ihm veranlasst und es läge kein Betrug im Sinne des StGB vor. Es sei denn, er nutzt den bereits vorhandenen Irrtum aus.
Aufgrund eines solchen Irrtums muss das Opfer eine Vermögensverfügung vornehmen. Darunter fällt jede Handlung, Duldung oder Unterlassung, mit der das Opfer unmittelbar auf sein Vermögen einwirkt. Wenn das Opfer von seinem Konto Geld auf das des Täters überweist, nimmt es eine solche Vermögensverfügung vor. Wenn es zulässt, dass der Täter sich Bargeldreserven selber nimmt, ist der Tatbestand ebenfalls erfüllt.
Die vorgenommene Vermögensverfügung wiederum muss einen Vermögensschaden verursachen. Dieser stellt das vierte Tatbestandsmerkmal dar. Der Vermögensbegriff ist dabei sehr weit gefasst: es zählt die Gesamtheit aller wirtschaftlich ins Gewicht fallenden und rechnerisch feststellbaren Werten. Dazu würde zum Beispiel auch Diebesgut fallen. Ein Schaden ist immer dann entstanden, wenn es keine gleichwertige Gegenleistung erfolgt ist. Im Fall des Tinder Schwindlers könnte man noch argumentieren, dass das Opfer zu Beginn zu diversen Reisen eingeladen wurde. Dieses Argument ist aber nicht haltbar, weil es beim Betrug nur auf den Wert des Vermögens unmittelbar vor und nach der irrtumsbedingten Vermögensverschiebung ankommt (=Gesamtsaldierung). Aus diesem Grund ist der objektive Tatbestand des Betruges zweifellos erfüllt.
Subjektiver Tatbestand
Neben dem objektiven muss auch der subjektive Tatbestand erfüllt sein. Es muss sowohl der Schädigungsvorsatz, als auch ein erweiterter Vorsatz, nämlich Bereicherungsvorsatz, vorliegen. Der Schädigungsvorsatz ist – wie bei allen Vorsatzdelikten – bereits dann gegeben, wenn der Schadenseintritt zumindest für möglich gehalten und in Kauf genommen wird. Davon kann im Fall des Tinder Schwindlers ausgegangen werden.
Bereicherungsvorsatz liegt dann vor, wenn der Täter sich durch die Tat einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen möchte. Auch die Unrechtmäßigkeit muss dem Täter bewusst sein. Dem Tinder Schwindler ist es genau darauf angekommen, er wollte seinen Lebensstil mit dem Geld der Frauen finanzieren und sich damit bereichern. Damit ist auch der subjektive Tatbestand des Betruges erfüllt.
Fazit
Dass das Verhalten solcher Betrüger –Tinder Schwindler, Enkel-Trick & Co – strafrechtlich relevant ist, ist unbestritten. Das Problem solcher Taten ist eher die Beweisfrage, beziehungsweise die Identitäten der Täter. Nicht selten werden falsche Namen benutzt, und ist das Geld einmal weg, ist es auch der Täter. Darum ist nur jedem und jeder nahezulegen, sehr vorsichtig zu sein, wenn jemand ganz dringend Geld von einem haben möchte.