Heinz-Christian Strache wurde wegen Bestechlichkeit zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Walter Grubmüller, Eigentümer der Privatklinik Währing, fasst wegen Bestechung zwölf Monate aus. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Es ist nicht das erste Mal , dass ein Gesetzeskauf im Raum steht: 2011 beispielsweise wurde die Telekom verdächtigt, Zahlungen an den damaligen Infrastrukturminister Gorbach geleistet zu haben. Rund zehn Jahre später wurde Heinz-Christian Strache von der WKStA der Bestechlichkeit beschuldigt.
Die Privatklinik von Walter Grubmüller wurde nicht in den Prikraf (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds) aufgenommen, was der Klinik erhebliche Vorteile bei der Verrechnung von Leistungen verschafft hätte. Die FPÖ, deren Parteichef Strache damals war, hat daraufhin einen Initiativantrag eingebracht, in dem die Öffnung des Prikraf für alle Privatkliniken gefordert wurde. Im Gegenzug dazu hat die FPÖ Spenden in Höhe von insgesamt 12.000 Euro erhalten. Die WKStA und letztlich auch die Richterin des LG Wien sahen darin Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung.
Juristische Grundlagen der Bestechlichkeit
Bestechlichkeit liegt gem § 304 Abs 1 StGB vor, wenn “ein Amtsträger oder Schiedsrichter, der für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, annimmt oder sich versprechen lässt”. Der Strafrahmen beträgt bis zu drei Jahren, in schweren Fällen bis zu zehn Jahren.
Der Begriff des Amtsträgers ist in § 74 Abs 1 Z 4a StGB legaldefiniert. Als Nationalratsabgeordneter und Vizekanzler war Strache unzweifelhaft Amtsträger iSd § 304 StGB.
Voraussetzung für die Strafbarkeit ist ein pflichtwidriges Amtsgeschäft. Ein Amtsgeschäft ist “jede Verrichtungen, die zur unmittelbaren Erfüllung der Vollziehungsaufgaben eines der dort bezeichneten Rechtsträger dient, also auch Verrichtungen rein tatsächlicher Art ohne Befehlsgewalt oder Zwangsgewalt, nicht aber bloße Hilfstätigkeiten” (RS0095963). Ob es tatsächlich zur Vornahme oder Unterlassung eines pflichtwidrigen Geschäfts kommt, ist für die Strafbarkeit irrelevant. Das Delikt ist mit dem Fordern, Annehmen oder Sich-versprechen-lassen vollendet.
Ein Amtsgeschäft ist pflichtwidrig, wenn es den Bestimmungen des § 43 BDG widerspricht. Demnach haben Beamte dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu besorgen und mit ihrem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Vorteil und Konnexität: Laut OGH sind Vorteile im Sinn der Korruptionstatbestände “materielle wie immaterielle Leistungen, die zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen, rechtlichen, gesellschaftlichen oder beruflichen Stellung des Annehmenden führen (können)“. Daher sind sowohl Parteispenden als auch ein versprochener Urlaub unter Vorteil zu subsumieren. Der Vorteil muss außerdem im Zusammenhang mit einer konkreten Amtshandlung stehen.
Rechtliche Beurteilung
Seitens der Verteidigung wurde vorgebracht, dass der Initiativantrag wenig erfolgversprechend war. Die StA hält dagegen, dass dies strafrechtlich irrelevant sei. Hier ist die Ansicht der StA als richtig zu bewerten. Laut OGH kommt es nämlich nicht auf die tatsächliche Vornahme (und damit in weiterer Folge auch nicht auf den Erfolg) einer Amtshandlung an, ob Bestechlichkeit vorliegt.
Bezüglich der Spenden behauptet Grubmüller, sich an jene im Jahr 2016 nicht erinnern zu können. Die zweite habe er aus Trotz getätigt, weil er mit der SPÖ unzufrieden war. Er habe außerdem nie eine Gesetzesänderung gewollt. Strache sagte, dass er sich dafür nie für Spenden interessiert habe. Er habe darum auch nichts von den Spenden Grubmüllers gewusst. Das wird jedoch durch eine Spendenliste auf Straches Handy widerlegt.
Laut Straches Verteidiger gibt es außer einer “gewissen zeitlichen Nähe” keinerlei Zusammenhang zwischen den Spenden und dem Initiativantrag. Dagegen wendet die StA ein, dass sich der Kontakt zwischen Strache und Grubmüller erst ab der ersten Zahlung 2016 verdichtet habe. Das gehe aus den Chat-Nachrichten hervor, die auf den Handys sichergestellt wurden. Der laut OGH erforderliche Konnex ist laut StA jedenfalls gegeben. “Es hat vorher keine Spenden gegeben und nachher keine Spenden gegeben”, fasst die Richterin zusammen und schließt sich damit der StA an.
Meiner Meinung nach wird es praktisch unmöglich sein, die Motivation einer Spende zweifelsfrei nachzuweisen. Im vorliegenden Fall gibt es jedoch einige starke Indizien und Beweise, die für einen Zusammenhang sprechen. Ob das Berufungsgericht in diesem Punkt zum gleichen Ergebnis kommt, bleibt abzuwarten.
Hinsichtlich der Reise wendeten beide ein, dass nur der Rückflug in von Grubmüller gecharterten Privatflugzeug gemeinsam angetreten wurde. Strache habe diesen Flug aber selber bezahlt, weil er “immer die Compliance-Regeln im Hinterkopf” gehabt habe, sagte Grubmüller. Dies geht auch aus den Akten hervor. 2018 gab es zwar eine Einladung, es kam aber keine Reise zustande. Aufgrund wechselseitiger Einladungen und der Zahlung eines Kostenanteils erfolgte in diesem Punkt ein Freispruch. Dies ist meines Erachtens auch richtig, da ein Vorteil iSd § 304 StGB nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte.