Erstmals musste sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit dem Verhältnis von Fluggastrechten und Repatriierungsflügen auseinandersetzen
Wien (OTS) – Ein Ehepaar fliegt im März 2020 im Rahmen einer Pauschalreise von Wien nach Mauritius. Der Rückflug für den 20. März muss jedoch aufgrund der durch die österreichische Bundesregierung verhängten Maßnahmen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie annulliert werden. Eine alternative Beförderung scheidet aus, da der kommerzielle Flugverkehr nach Österreich generell eingestellt wurde. Das Reisebüro des Ehepaars verweist dieses schließlich auf einen von der Republik Österreich organisierten Repatriierungsflug. Die Fluggäste registrieren sich in der Folge auf der Homepage des Außenministeriums und werden nach Wien befördert, müssen dafür jedoch einen Unkostenbeitrag von EUR 500 pro Person an die Republik leisten. Das Ehepaar vermeint, dass das Luftfahrtunternehmen, welches seinen ursprünglichen Flug annulliert hatte, seinen Verpflichtungen aus der Fluggastrechte-VO nicht nachgekommen sei und klagen die Kosten bei diesem ein.
Das Bezirksgericht Schwechat gibt der Klage zunächst statt. Aufgrund der Berufung der Fluglinie legt das Landesgericht Korneuburg die Rechtssache dem EuGH vor, der nunmehr (C-49/22) klarstellt: Ein Repatriierungsflug stellt keine „anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Bedingungen“ nach der Fluggastrechte-VO dar, welche ein Luftfahrtunternehmen im Falle einer Annullierung den Passagieren anbieten muss. Folglich kann das Ehepaar die für diesen Flug entstandenen Kosten auch nicht von der Airline fordern.
„Wir sind natürlich sehr erfreut über diese Klarstellung des EuGH“, stellt Martin Klemm, Partner bei Brenner & Klemm Rechtsanwälte und als Anwalt der Fluglinie am Verfahren beteiligt, fest, „auch wenn jede andere Auslegung unbegreiflich gewesen wäre. Repatriierungsflüge erfolgen im Rahmen konsularischer Aufgaben des jeweiligen Staates und entscheidet alleine dieser, wer und zu welchen Bedingungen mit diesem befördert wird. In der Praxis wird häufig übersehen, dass Repatriierungsflüge – auch wenn diese häufig von kommerziellen Fluglinien durchgeführt werden – alleine in der Hand des jeweiligen Staates liegen. Deshalb durften diese auch durchgeführt werden, obwohl der reguläre Flugverkehr aufgrund der Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung bereits eingestellt war.“
Der EuGH hält freilich fest, dass die Ansprüche der Passagiere auf Rückerstattung der Ticketkosten sowie auf Betreuung und Unterstützung unabhängig davon aufrecht bleiben. „Das wurde von der Fluglinie auch nie bestritten“, stellt Klemm entsprechend klar, „es geht nur darum, dass die Airline nicht verpflichtet werden kann, Flüge anzubieten, auf die sie gar nicht buchen, geschweige denn sicherstellen kann, dass die Passagiere auch mit diesen befördert werden und obendrein dann auch noch die Kosten dafür übernehmen soll, wenn Staaten ihre Staatsangehörigen in Notsituationen in Wahrnehmung ihrer konsularischen Pflichten nach Hause holen.“