Die Rechtsanwaltsprüfung ersetzt eine Ergänzungsprüfung nach dem Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten (EIRAG).
Der Vertreter des Klägers, der bei absoluter Anwaltspflicht nach der Zivilprozessordnung vor einem österreichischen Gericht eine Deckungsklage gegen seinen Rechtsschutzversicherer erhebt, ist in die Liste der liechtensteinischen Rechtsanwälte eingetragen und Mitglied der liechtensteinischen Rechtsanwaltskammer. Er hat zudem die österreichische Rechtsanwaltsprüfung absolviert, ohne jedoch in Österreich als Anwalt eingetragen zu sein.
Während das Erstgericht die Auffassung vertreten hatte, die österreichische Rechtsanwaltsprüfung sei höherwertig als die nach dem EIRAG vorgesehene Ergänzungsprüfung und ersetze diese, meinte das Rekursgericht, der Klagevertreter bedürfe als dienstleistender europäischer Rechtsanwalt entweder einer solchen Ergänzungsprüfung oder des Einvernehmens mit einem Einvernehmensrechtsanwalt, um die Postulationsunfähigkeit des von ihm vertretenen Mandanten zu beseitigen.
Der Oberste Gerichtshof teilte die Auffassung des Erstgerichts, dass der liechtensteinische Anwalt die Fähigkeit zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in Österreich durch die Absolvierung der österreichischen Rechtsanwaltsprüfung nachgewiesen hat.
Eine Eignungsprüfung iSd EIRAG ist dagegen nur für solche dienstleistenden europäischen Rechtsanwälte erforderlich, die nicht auch die österreichische Rechtsanwaltsprüfung abgelegt haben; dienstleistende europäische Anwälte, die diese Prüfung absolviert haben, dürfen daher – ebenso wie Absolventen der (weniger umfangreichen) Eignungsprüfung – auch in Zivilverfahren, in denen absolute Anwaltspflicht gilt, ohne Beiziehung eines Einvernehmensrechtsanwalts vor österreichischen Gerichten einschreiten.