Eine sogenannte Negativfeststellung zu den Folgen der Verletzung eines Markenrechts führt noch nicht zur Verneinung eines damit in Verbindung stehenden Rechnungslegungsanspruchs.
Die Beklagte verletzte die Markenrechte der Klägerinnen, indem sie über den Online-Dienst „Google Ads“ Werbung für ihr Unternehmen unter Verwendung des klägerischen Zeichens als Keyword bzw AdWord schaltete. Nach einer Negativfeststellung (non liquet) konnte nicht festgestellt werden, ob die Beklagte durch die Schaltung der Anzeige, Produkte, welche ident bzw ähnlich mit Produkten der klägerischen Marke waren, verkaufte bzw ob Interessenten oder Nutzer aufgrund der Schaltung dieser Anzeige unter Verwendung des Keywords in den Webshop der Beklagten gelangten.
Die Klägerinnen begehrten mit ihrer Stufenklage von der Beklagten, Rechnung zu legen, durch Unterlagen, welchen Umsatz bzw welchen Gewinn die Beklagte dadurch erzielt bzw welche Lizenzkosten sie sich erspart habe, dass sie das Kennzeichen im Rahmen des Keyword Advertising ohne Gestattung genutzt hätte, einschließlich darüber, wie viele Interessenten/Nutzer aufgrund der Kennzeichenverwendung in den Webshop der beklagten Parteien gelangt seien.
Das Erstgericht verneinte wegen der Negativfeststellung einen Rechnungslegungsanspruch. Das Berufungsgericht gab dem Rechnungslegungsanspruch statt.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Berufungsentscheidung und führte aus:
Ein Rechnungslegungsanspruch nach § 55 MSchG ist bereits aufgrund eines festgestellten Markenrechtseingriffs berechtigt. Es ist unstrittig, dass die Erstbeklagte die klägerischen Markenrechte verletzt hat. Der Oberste Gerichtshof hat bereits geklärt, dass markenrechtliche Ansprüche auch bei unberechtigtem Keyword Advertising zustehen. Ordnet der Gesetzgeber – wie hier – ausdrücklich eine Rechnungslegungspflicht für bestimmte Fälle an, ohne auf „erhebliche Schwierigkeiten“ bei der Sachverhaltsermittlung durch den Berechtigten oder eine „Zumutbarkeit“ für den Verpflichteten abzustellen, ist der Anspruch grundsätzlich nur bei rechtsmissbräuchlicher Geltendmachung zu verneinen. Ein Missbrauch liegt hier nicht vor.
Aufgrund der Natur des Rechnungslegungsanspruchs als Hilfsanspruch verlangt die Rechtsprechung darüber hinaus, dass aus dem Vorbringen der Klage und dem festgestellten Sachverhalt zumindest dem Grunde nach Zahlungsansprüche abzuleiten sind. Es würde der „ausforschenden Natur“ eines auf § 55 Markenschutzgesetzes in Verbindung mit § 151 Patentgesetz gestützten Rechnungslegungsanspruchs aber widersprechen, wenn dieser Anspruch schon wegen einer bloße Negativfeststellung zu den Grundlagen des Zahlungsbegehrens verneint werden müsste. Zweck der Rechnungslegungspflicht ist es gerade, den Berechtigten in die Lage zu versetzen, Zahlungsansprüche gegen den Rechnungslegungspflichtigen feststellen und geltend machen zu können. Um diesen Zweck der Rechnungslegung zu erreichen, darf der Umfang der Rechnungslegungspflicht nicht allzu sehr eingeschränkt werden.
Die Rechnungslegung soll dem Verletzten auch ermöglichen, zu erfahren, ab welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang sein Markenrecht verletzt wurde, um das genaue Ausmaß der Rechtsverletzung festzustellen. Zudem ist bei einer Stufenklage das Verfahren über den Rechnungslegungsanspruch vom Verfahren über den Leistungsanspruch getrennt zu führen. Das Rechnungslegungsbegehren ist somit im Allgemeinen unabhängig von der Berechtigung des Leistungsbegehrens zu beurteilen (abgesehen von Grundlagen des Zahlungsbegehrens, die sich mit den Grundlagen der allfälligen Rechnungslegungspflicht decken). Es lässt sich aus dem Gesetz nicht ableiten, dass der noch unbestimmt erhobene Zahlungsanspruch bereits in der Entscheidung über das Manifestationsbegehren dem Grunde nach geprüft werden muss. Allein durch die Geltendmachung des Rechnungslegungsanspruchs im Rahmen einer Stufenklage wird der Manifestationsanspruch inhaltlich nicht beschränkt bzw vom Bestehen des damit verbundenen Zahlungsbegehrens („dem Grunde nach“) abhängig gemacht.
Es ist nicht auszuschließen, dass die Vornahme der Rechnungslegung im Vergleich zum Zivilprozess über die Stufenklage neue Erkenntnisse bringt. Während etwa der Verletzer als beklagte Partei im Zivilprozess gegen seinen Willen nicht zur Aussage gezwungen werden kann, ist ein titelgemäß gedeckter Anspruch auf Rechnungslegung mit den Mitteln des Exekutionsrechts zwangsweise durchsetzbar. Es ist daher durchaus möglich, dass ein Titelgläubiger aus einem Rechnungslegungsbegehren mehr (oder andere) Informationen erhält als der Prozessrichter. Der Umstand, dass im bisherigen Verfahren (noch) nicht festgestellt werden konnte, ob überhaupt Interessenten wegen der rechtswidrigen Verwendung der Marke in den Webshop der Erstbeklagten gelangten, spricht daher nicht gegen die Berechtigung eines (insoweit) damit korrespondierenden Rechnungslegungsbegehrens.