OLG bestätigt: Kein einseitiger Austausch (minderwertigerer) Tickets durch die Plattform “viagogo”

Klagenfurt, 13.05.2020Im Auftrag der AK Kärnten hat der Verein für Konsumenteninformation (VKI) 42 Klauseln beanstandet, nach denen die ursprünglich gekauften Tickets in verschiedenen Fällen von viagogo durch andere – auch minderwertigere – Tickets ersetzt werden können. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte nun das Urteil des Handelsgerichts (HG) Wien vom Herbst 2019 gegen die viagogo AG wegen gesetzeswidriger Klauseln in deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Alle 42 Klauseln wurden als gesetzwidrig bestätigt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die viagogo AG betreibt eine globale Online-Plattform für den Verkauf von Tickets für Live-, Sport- und Musikveranstaltungen. Während die professionelle Gestaltung der Webseite den Eindruck erwecken kann, dass es sich um eine offizielle Verkaufsplattform handelt, ist es tatsächlich nur ein Online-Marktplatz, auf dem gekaufte Tickets weiterverkauft werden – dies unter anderem auch von Privatpersonen. Verbraucher, die auf der Plattform Tickets erwerben, wissen daher nicht, von wem sie das Ticket tatsächlich kaufen. Der VKI überprüfte daher aufgrund zahlreicher Verbraucherbeschwerden die AGB der viagogo AG im Auftrag der Arbeiterkammer Kärnten und hat wegen einer Vielzahl unzulässiger Klauseln Klage eingereicht.

Das OLG Wien bestätigte nun das erstinstanzliche Urteil des Handelsgerichts Wien, das unter anderem folgende Klauseln als gesetzwidrig beurteilt hatte:

Klausel: Bei Lieferproblemen, können auch andere Tickets geliefert werden

Diese – als unzulässig beurteilte – Klausel sah vor, dass, wenn der Verkäufer die gekauften Tickets nicht liefert, die Plattform viagogo zwei Möglichkeiten habe: Einerseits könne viagogo dem Verbraucher beliebige Ersatztickets (mit vergleichbarem Preis) anbieten oder andererseits den Ticketpreis rückerstatten. Das OLG Wien beurteilte diese Klausel als unzulässig, da sie bei Verbrauchern den Eindruck erwecken würde, dass sie keinen Anspruch auf Erstattung des Ticketpreises oder auf Schadenersatz gegen den Verkäufer hätten, wenn sie die von viagogo angebotenen Ersatztickets ablehnen würden. Dabei handelt es sich um eine intransparente und unzulässige Klausel gemäß § 6 Abs 3 Konsumentenschutzgesetz (KSchG).

„Der Kunde muss in jedem Fall die Möglichkeit erhalten, den gezahlten Betrag zurückzubekommen und das nicht nur, wenn viagogo entscheidet, keine Ersatztickets anzubieten“, betont AK-Konsumentenrechtsexperte, Herwig Höfferer unisono mit den VKI-Juristen. „Der Plattformbetreiber darf bei Lieferproblemen nicht entscheiden mit welchem Ersatzangebot sich der Kunde zufriedengeben muss. Vor allem nicht, wenn die Klausel auch Ersatztickets von minderer Qualität anbietet, beispielweise weil die Plätze in einem anderen Sektor liegen und mit einer schlechteren Sicht verbunden sind“, so Höfferer.

Klausel: Gerichtsstand Schweiz

In dieser Klausel wurde geregelt, dass für Verträge mit viagogo Schweizer Recht gelten würde und somit auch der Gerichtsstand Schweiz sein solle, dh Schweizer Gerichte zuständig sein sollen. Auch hier bestätigte das OLG Wien die Unzulässigkeit der Klausel, in beiden Punkten. Cornelia Kern, Rechtsexpertin des VKI, erklärt dazu: „Wenn eine Plattform wie viagogo gezielt österreichische Kunden anspricht, dann kann den Konsumentinnen und Konsumenten der Schutz des österreichischen Verbraucherrechts nicht entzogen werden und sie können im Streitfall auch vor einem österreichischen Gericht klagen.“

Klausel: Zustellung von Tickets

Auch die Klausel, die die Rückerstattung des Ticketpreises ausschloss, wenn das Ticket an den Kunden nicht zugestellt werden konnte, bestätigte das OLG Wien als rechtswidrig. Nach dieser Klausel wäre auch in Fällen eine Erstattung des Ticketpreises ausgeschlossen, bei denen der Grund für die gescheiterte Zustellung nicht beim Verbraucher, sondern bei viagogo selbst liege. Darin sah das OLG Wien eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB.

Weitere unzulässige Klauseln betrafen beispielsweise den Zeitpunkt, ab dem der Käufer mit seiner Zahlung in Verzug gerät, sowie die Kosten, die er in diesem Fall zu tragen hätte. Außerdem regelte eine Klausel die Möglichkeit von viagogo, die AGB jederzeit ändern zu können. Weiters wurde auch bei vielen anderen Klauseln – aus anderen Themenbereichen – die Unzulässigkeit bestätigt.

Sie finden das Urteil im Volltext unter https://verbraucherrecht.at/cms/uploads/media/OLG_Wien_07.04.2020_1_R_177_19k.pdf

Rückfragen & Kontakt

Arbeiterkammer Kärnten
Ferdinand Hafner
050 477 – 2401
f.hafner@akktn.at
kaernten.arbeiterkammer.at

Verein für Konsumenteninformation
Pressestelle
01/588 77-256
presse@vki.at
www.vki.at

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