Das von der Burgenländischen Landesregierung Doskozil eingeleitete Verfahren ist für die September Session des Verfassungsgerichtshofs unter GZ V137/2022 angekündigt
Wien (OTS) – Der einstreulose Vollspaltenboden in der Schweinehaltung, der in der Anlage 5 der 1. Tierhaltungsverordnung erlaubt ist, führt zu Verletzungen, und damit zu Schmerzen, Leiden und Schäden bei den Tieren. Doch das Tierschutzgesetz verbietet das. Die Verfassung garantiert aber, dass keine Verordnung ihrem Gesetz widersprechen darf, und einer Verfassungsbestimmung, wie dem Staatsziel Tierschutz, auch nicht. Wo kein Kläger da kein Richter, und daher konnte sich dieser Missstand über Jahrzehnte halten. Doch nicht mehr. Die Burgenländische Landesregierung Doskozil hat gegen die entsprechenden Bestimmungen der Anlage 5 der 1. Tierhaltungsverordnung eine Klage zur Normenprüfung beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. Und diese wird nun in der September Session des Höchstgerichts unter der Geschäftszahl V137/2022 verhandelt.
Aber wird der Vollspaltenboden nicht sowieso im Jahr 2040 verboten? Erstens ist dieses Ablaufdatum sehr spät, erst in 18 Jahren. Aber zweitens ist es bis auf Weiteres erlaubt, einen „Vollspaltenboden neu“ (mit ein bisschen mehr Platz und auf einem euphemistisch „Liegebereich“ genannten Drittel der Bodenfläche nur die Hälfte der Spalten) in Schweinebetriebe einzubauen, der dann sogar 23 Jahre Übergangsfrist hat. Und drittens ist noch nicht klar, was ab 2040 die Alternative sein wird. Die Schweinebranche hofft noch immer, dass der „Vollspaltenboden neu“ erlaubt bleiben kann. Sollte der Verfassungsgerichtshof aber urteilen, dass ein Spaltenboden ohne Stroheinstreu und mit so wenig Platz verfassungswidrig ist, dann wird dieser Teil der Verordnung ungültig und es wird notwendig, viel früher ein neues System festzulegen und auf dieses umzusteigen.
VGT-Obmann DDr. Martin Balluch ist zuversichtlich: „Die Bestimmungen im Tierschutzgesetz widersprechen so klar der Haltung von Schweinen auf Vollspaltenboden, dass mit einer Aufhebung der Erlaubnis zu diesem Boden zu rechnen ist. Dem Vernehmen nach hat die Regierung auf die Aufforderungen des Verfassungsgerichtshofs, den Vollspaltenboden zu verteidigen, keine Stellungnahme abgegeben. Zusätzlich hat sie dem Wunsch des Höchstgerichts nicht entsprochen, die Unterlagen zu schicken, die die Gründe auflisten, warum seinerzeit der Vollspaltenboden eingeführt worden ist. Das ist also ein sehr einseitiges Match. Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Verfassungsgerichtshof nicht im Sinne des Tierschutzes entscheiden wird. Und dann wird‘s spannend, dann werden die Karten neu gemischt.“