Klauseln eines deutschen Vereins sind nach österreichischem Recht unzulässig
Wien (OTS/VKI) – Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums den deutschen Verein „DSV aktiv/Freunde des Skisports e.V. im Deutschen Skiverband“ geklagt. Grund war die automatische Vertragsverlängerung bei einer Skiversicherung. Der Oberste Gerichtshof (OGH) beurteilte nun die zugrundeliegende sowie weitere sechs eingeklagte Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Die Ausführungen des OGH sind weit über den Anlassfall hinaus von Bedeutung, nicht zuletzt, da länderübergreifende Gruppenversicherungen häufiger werden.
Anlassfall automatische Vertragsverlängerung
Der deutsche Verein „DSV aktiv/Freunde des Skisports e.V. im Deutschen Skiverband“ bietet auch in Österreich Mitgliedschaften mit Skiversicherungen an – sowohl online als auch in Sportartikelgeschäften. Im Anlassfall hatte ein Konsument in einem Skigeschäft in Schladming beim Kauf von neuen Skiern zusätzlich eine dort angebotene Skiversicherung abgeschlossen. Mehr als einen Monat vor der Verlängerung der Laufzeit wollte er die Skiversicherung kündigen. Doch der Verein teilte ihm mit, dass er nicht fristgerecht gekündigt hätte und er noch für ein weiteres Jahr zahlungspflichtig wäre. Dabei berief sich der Verein auf eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Laut dieser Klausel gelten die Mitgliedschaft im Verein wie auch der Versicherungsschutz ab Vertragsabschluss für ein Jahr. Beides verlängert sich jeweils um ein Jahr, sollte nicht rechtzeitig drei Monate vor Ablauf gekündigt werden.
Der konkrete Anlassfall konnte nach Einschreiten des VKI geklärt werden. Da davon auszugehen war, dass noch etliche andere österreichische Skifahrer:innen betroffen sind, klagte der VKI generell wegen der Unzulässigkeit der Klausel.
Versuch der Umgehung österreichischen Rechts
Der deutsche Verein richtete sich im Verfahren gegen die Anwendung österreichischen Rechts im Allgemeinen und das Konsumentenschutzgesetz speziell. Dem erteilte der OGH eine Abfuhr: Es liegt hier ein sogenannter Gruppenversicherungsvertrag vor. Bei einem derartigen Vertrag wird einer Gruppe von versicherten Personen Versicherungsschutz hinsichtlich eines sie gemeinsam betreffenden Risikos gewährt. Laut OGH ist hier das Recht maßgeblich, das ohnehin auf den Vertrag zwischen Versicherungsnehmer (hier die Beklagte) und Versicherten (hier die Vereinsmitglieder) anwendbar ist – und keine versicherungsrechtliche Sonderbestimmung. Beim beklagten Verein handelt es sich nicht um einen typischen Idealverein, sondern um einen unternehmerisch tätigen Rechtsträger, der professionell am Markt unterschiedliche Dienstleistungen, insbesondere den Beitritt zu Gruppenversicherungsverträgen, anbietet. Dabei richtet er seine Tätigkeit auch nach Österreich aus.
Damit ist das österreichische Recht und im Speziellen das Konsumentenschutzgesetz dem OGH zufolge anwendbar.
Weitreichendes OGH-Urteil
„Die Ausführungen des OGH haben weit über den Fall hinausgehende Bedeutung, zumal grenzüberschreitende Gruppenversicherungen immer häufiger vorkommen. Der OGH hatte hier zum ersten Mal die Frage zu beantworten, welches Recht auf eine grenzüberschreitende Gruppenversicherung Anwendung findet und benennt erfreulicherweise das Recht der betroffenen Verbraucher:innen in Österreich“, freut sich VKI-Juristin Mag. Marlies Leisentritt. Und weiter: „Die Klausel zur automatischen Vertragsverlängerung ist nach österreichischem Recht unzulässig. Denn der deutsche Verein hatte sich – bereits im Vertrag – nicht dazu verpflichtet, Verbraucher:innen zu Beginn der Kündigungsfrist auf die bevorstehende Vertragsverlängerung hinzuweisen, sofern sie nicht rechtzeitig kündigen.“
Auch sechs weitere Klauseln beurteilte der OGH als gesetzwidrig. So wurde eine Klausel, nach der Verbraucher:innen für die Abwicklung von Beschädigungs- und Diebstahlsfällen den Originalkaufbeleg benötigen, als gröblich benachteiligend beurteilt.
SERVICE: Das Urteil im Volltext gibt es auf www.verbraucherrecht.at/DSV032023.