Im österreichischen Recht bezeichnet der Begriff „Anfangsverdacht“ den Verdachtsgrad, der notwendig ist, um ein Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft einzuleiten. Der Anfangsverdacht ist ein zentraler Begriff im Strafprozessrecht und bezieht sich auf die Annahme, dass eine strafbare Handlung begangen wurde und bestimmte Personen als Täter in Frage kommen könnten.
Gesetzlich findet sich der Anfangsverdacht im § 1 der Strafprozessordnung (StPO), der die Verfolgungspflicht der Staatsanwaltschaft normiert. Laut diesem Paragrafen hat die Staatsanwaltschaft zu prüfen, ob genügend tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, um anzunehmen, dass eine strafbare Handlung begangen wurde. Ist dies der Fall, so besteht ein Anfangsverdacht, und die Staatsanwaltschaft muss Ermittlungen aufnehmen.
Ein Anfangsverdacht erfordert keine überwältigende Beweislage, sondern lediglich konkrete Hinweise, die den Verdacht rechtfertigen. Es handelt sich dabei um einen relativ niedrigen Verdachtsgrad, der jedoch mehr verlangt als bloße Spekulation oder Vermutungen. Der Anfangsverdacht soll sicherstellen, dass nur aufgrund rationaler und nachvollziehbarer Gründe in die Rechte der Verdächtigen eingegriffen wird.
Sobald der Anfangsverdacht gegeben ist, steht es der Staatsanwaltschaft zu, Ermittlungen einzuleiten, um den Sachverhalt weiter aufzuklären und festzustellen, ob der Verdacht ausreichend ist, um Anklage zu erheben. Im Verlauf dieser Ermittlungen kann sich der Verdacht erhärten, etwa durch Zeugenaussagen, Dokumente oder andere Beweise, oder es kann auch klar werden, dass kein hinreichender Anlass zur Anklage besteht.
Der Anfangsverdacht unterscheidet sich von anderen Verdachtsgraden im Strafprozess recht, wie dem dringenden Tatverdacht, der für bestimmte weitergehende Maßnahmen, wie die Anordnung der Untersuchungshaft, erforderlich ist. Der Anfangsverdacht bildet jedoch die unverzichtbare Grundlage für ein ordnungsgemäßes und faires Verfahren im österreichischen Strafprozessrecht.