Im österreichischen Recht bezeichnet der Begriff „Aufbewahrungspflicht“ die gesetzliche Verpflichtung von Unternehmen und bestimmten Institutionen, geschäftliche Unterlagen für eine bestimmte Dauer aufzubewahren. Diese Verpflichtungen ergeben sich aus verschiedenen Rechtsvorschriften.
Die zentrale Norm zur Aufbewahrungspflicht findet sich im Unternehmensgesetzbuch (UGB). Gemäß § 212 UGB sind Unternehmer verpflichtet, ihre Bücher, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen sieben Jahre lang aufzubewahren. Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, für das die Unterlagen zuletzt verwendet wurden.
Darüber hinaus schreibt das Bundesabgabenordnung (BAO) in § 132 vor, dass Unterlagen, die für die Abgabenbemessung relevant sind, sieben Jahre lang aufbewahrt werden müssen. Diese Frist kann verlängert werden, wenn die Unterlagen für anhängige behördliche oder gerichtliche Verfahren von Bedeutung sind.
Das Einkommensteuergesetz (EStG) und das Umsatzsteuergesetz (UStG) verlangen ebenfalls die Aufbewahrung von Belegen, die für die Besteuerung relevant sind. Diese müssen ebenfalls mindestens sieben Jahre aufbewahrt werden.
Daneben können weitere spezifische Regelungen, etwa im Bereich des Arbeitsrechts oder des Sozialversicherungsrechts, zusätzliche Aufbewahrungspflichten auferlegen. Zum Beispiel können lohnbezogene Unterlagen für Prüfungen der Sozialversicherungsträger von Relevanz sein und müssen dementsprechend aufbewahrt werden.
Die Aufbewahrungspflicht soll insbesondere die Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit von Geschäftsvorgängen sicherstellen und hat den Zweck, sowohl dem Unternehmen als auch der Finanzverwaltung die Möglichkeit zu geben, Geschäftsvorgänge und Steuerverpflichtungen auch im Nachhinein korrekt nachvollziehen zu können.
Nicht zu vernachlässigen ist auch die Relevanz des Datenschutzes, der in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geregelt ist, wobei Unternehmen darauf achten müssen, dass die Aufbewahrungspflicht nicht mit Datenschutzanforderungen kollidiert.
Die Nichteinhaltung dieser Pflichten kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, etwa Steuernachzahlungen, Strafzahlungen oder finanzielle und rechtliche Nachteile bei gerichtlichen Auseinandersetzungen. Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass sie über geeignete Verfahren zur Einhaltung dieser Pflichten verfügen, einschließlich digitaler Archivierungssysteme, die den Anforderungen genügen.