Im österreichischen Recht wird der Begriff „Auffangtatbestand“ nicht in der gleichen Weise formalisiert verwendet wie im deutschen Recht. Dennoch gibt es Konzepte und Prinzipien, die dem Konzept eines Auffangtatbestands ähneln und in bestimmten Zusammenhängen bedeutend sind.
Ein Auffangtatbestand ist in rechtlichen Systemen allgemein ein Rechtskonstrukt, das dann zur Anwendung kommt, wenn andere, spezifischere Tatbestände nicht erfüllt sind. Damit stellt der Auffangtatbestand sicher, dass eine Regelung nicht durch unvorhergesehene Lücken unwirksam oder nicht anwendbar wird.
Im österreichischen Strafrecht gibt es etwa das Prinzip der Subsidiarität im Zusammenhang mit dem allgemeinen Straftatbestand der „Gemeingefährlichen Straftaten“ nach dem Strafgesetzbuch (StGB). Hier werden allgemein gefährliche Handlungen bestraft, die nicht spezifisch von anderem Recht erfasst werden. Während dieser Tatbestand als Auffanglösung für nicht im Detail geregelte gefährliche Handlungen dient, ist er so konzipiert, dass er nur dann greift, wenn keine spezielleren Vorschriften Anwendung finden.
Ein weiteres Beispiel kann im Verwaltungsrecht gefunden werden, speziell beim Thema der Gewerbeberechtigungen nach der Gewerbeordnung (GewO). Wenn bestimmte Tätigkeiten von anderen gesetzlichen Regelungen nicht spezifisch erfasst werden, könnte ein Auffangtatbestand die gewerberechtliche Regelung dieser Tätigkeiten sicherstellen.
Im Zivilrecht kann ein ähnliches Prinzip beobachtet werden. Beispielsweise im Schuldrecht, wo allgemeine Vorschriften zur Geltung kommen, wenn keine spezifischeren Regelungen des ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) greifen. Hier sorgt das Gesetz für eine umfassende Erfassung von Schuldverhältnissen, selbst wenn sie nicht explizit geregelt sind.
Durch solche Bestimmungen stellt das österreichische Recht sicher, dass es für jede Situation einen anwendbaren Rechtsrahmen gibt, selbst wenn spezifische Regelungen im Detail fehlen.