Aufhebung im Eherecht
Aufhebungsgründe
Das Ehegesetz sieht sechs Aufhebungsgründe vor. Diese sind
- die mangelnde Einwilligung des gesetzlichen Vertreters (§ 35),
- der Irrtum über die Eheschließung oder über die Person des anderen Ehegatten (§ 36),
- der Irrtum über Umstände, die die Person des anderen Ehegatten betreffen (§ 37),
- die arglistige Täuschung (§ 38),
- die Drohung (§ 37) und
- die Wiederverheiratung im Falle der Todeserklärung eines Überlebenden (§ 44).
Aufhebung aufgrund mangelnder Einwilligung des gesetzlichen Vertreters
Gemäß § 3 EheG bedarf es bei minderjährigen oder sonst beschränkt geschäftsfähigen Personen zur Eheschließung der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und desjenigen, dem seine Pflege und Erziehung zustehen. Wird die Zustimmung ohne gute Gründe verweigert, kann das Pflegschaftsgericht diese auf Antrag des Minderjährigen ersetzen (§ 3 Abs. 3 EheG). Wird die Ehe entgegen dieser Voraussetzung dennoch geschlossen, so kann der gesetzliche Vertreter oder nach erreichter Volljährigkeit bzw. Wegfall der beschränkten Geschäftsfähigkeit der betroffene Ehegatte die Aufhebung der Ehe begehren. Gibt der gesetzliche Vertreter nachträglich seine Genehmigung, so ist die Aufhebung jedoch ausgeschlossen. Dies gilt auch, wenn der „Ehegatte, nachdem er unbeschränkt geschäftsfähig geworden ist, zu erkennen gegeben hat, daß er die Ehe fortsetzen will“ (§ 35 Abs. 2 EheG, sogenannte Bestätigung).
Aufhebung aufgrund eines Irrtums
Das Ehegesetz lässt die Aufhebung einer geschlossenen Ehe aufgrund bestimmter Irrtümer zu. So kann ein Ehegatte die Aufhebung der Ehe begehren, wenn er im Zeitpunkt der Eheschließung
- darüber geirrt hat, dass es sich um eine Eheschließung handelt (der Ehegatte wusste nicht, dass er eine Ehe eingeht)
- zwar wusste, dass er eine Ehe eingeht, aber sich über die Eheschließungserklärung irrte (z. B. der Ehegatte hat fälschlicherweise sein „Ja“-Wort gegeben) oder
- sich in der Person des anderen Ehegatten geirrt hat (z. B. der eine Ehegatte heiratet ungewollt den Zwilling des anderen).
Auch hier schließt die Bestätigung das Recht zur Aufhebung aus.
Ferner kann ein Ehegatte die Aufhebung begehren, wenn er sich über Umstände, die die Person des anderen Ehegatten betreffen geirrt hat. Diese Umstände müssen dabei so gravierend sein, dass sie den Ehegatten „bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Heirat abgehalten hätten“. Beispielsweise berechtigt die Nichtaufklärung über eine schwere, entehrende, verbrecherische Vergangenheit zur Aufhebung der Ehe. Dabei schließt hier nicht nur die Bestätigung das Aufhebungsrecht aus; die Aufhebung ist auch ausgeschlossen, wenn das „Verlangen nach Aufhebung der Ehe mit Rücksicht auf die bisherige Gestaltung des ehelichen Lebens der Ehegatten sittlich nicht gerechtfertigt erscheint“ (§ 37 Abs. 2 EheG, sogenannte Bewährung).
Aufhebung aufgrund anderer Willensmängel
Täuscht der eine Ehegatte den anderen arglistig, beispielsweise durch den Einsatz von List, über Umstände, „die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten“ (§ 38 Abs. 1 EheG), so kann dieser die Aufhebung der Ehe begehren. Wurde die Täuschung durch einen Dritten und ohne Kenntnis des einen Ehegatten bewirkt, so ist die Aufhebung – wie auch bei Bestätigung – ausgeschlossen (§ 38 Abs. 2 EheG). Die Täuschung über Vermögensverhältnisse erfüllt den Tatbestand der arglistigen Täuschung nicht (§ 38 Abs. 3 EheG). Eine Ehetäuschung erfüllt den Tatbestand des § 193 Abs. 2 StGB und ist damit strafbar.
Die Ehe kann auch aufgehoben werden, wenn der eine Ehegatte den Willen des anderen beugt, beispielsweise indem er ihn in eine Zwangslage versetzt (§ 39 Abs. 1 EheG). Auch hier ist eine Bestätigung der Ehe möglich (§ 39 Abs. 2 EheG). Die Nötigung zur Eheschließung jedoch erfüllt den Tatbestand des § 106a Abs. 1 StGB und ist damit strafbar.
Aufhebung nach Wiederverheiratung im Falle der Todeserklärung
Heiratet der Ehegatte eines für tot Erklärten und hat dieser jedoch die Todeserklärung überlebt, so löst die neue Ehe die alte auf (§ 43 Abs. 2 EheG). Erfährt der frühere Ehegatte nachträglich vom Überleben des für tot Erklärten, so kann er die Aufhebung der neuen Ehe begehren (§ 44 Abs. 1 EheG). Macht er von diesem Recht gebrauch, so kann er, solange der frühere Ehegatte noch lebt, nur mit diesem eine neue Ehe eingehen (§ 44 2 EheG).
Aufhebungsverfahren
Das Aufhebungsverfahren ist als streitiges Verfahren zu führen. Für das Aufhebungsverfahren sind gemäß § 49 Abs. 2 Z 2a JN die Bezirksgerichte sachlich eigenzuständig. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 76 JN. Die Aufhebungsklage muss binnen Jahresfrist ab Kenntnis des Irrtums, der Täuschung, oder ab Wegfall der Zwangslage erhoben werden, wobei sowohl Schutzbestimmungen zugunsten geschäftsunfähiger Ehegatten als auch Fristhemmungen bestehen (§ 40 EheG, zur Wiederverheiratung im Falle der Todeserklärung gilt § 19 1. DVOEheG). Zur Klage berechtigt ist der beirrte, getäuschte oder bedrohte Ehegatte. Zur Prozessführung in Bezug auf Minderjährigkeit siehe Abschnitt Aufhebung aufgrund mangelnder Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. Das Gericht erkennt über den Anspruch auf Eheaufhebung mittels Urteil (§ 390 ZPO).
Rechtsfolgen der Aufhebung
Die Rechtsfolgen der Eheaufhebung sind die gleichen wie die der Ehescheidung, wobei „der Ehegatte als schuldig anzusehen [ist], der den Aufhebungsgrund bei Eingehung der Ehe kannte“ beziehungsweise „von dem oder mit dessen Wissen die Täuschung oder die Drohung verübt worden ist“ (§ 42 EheG). Ein Verschulden bei der Aufhebung aufgrund der Wiederverheiratung im Falle der Todeserklärung liegt vor, wenn der Ehegatte „bei der Eheschließung gewußt hat, daß der für tot erklärte Ehegatte die Todeserklärung überlebt hat“ (§ 19 Abs. 2 1. DVOEheG). Wird im selben Verfahren sowohl über ein Aufhebungs- als auch über ein Scheidungsbegehren prozessiert und sind beide Begehren begründet, so ist nur auf die Aufhebung zu erkennen. Ein allfälliges Scheidungsverschulden ist aber in das Aufhebungsurteil aufzunehmen (§ 18 1. DVOEheG). Die Aufhebung der Ehe erfolgt gemäß § 34 EheG mit der Rechtskraft des Aufhebungsurteils und wirkt ex nunc, das heißt, sie hat keine Rückwirkung, sondern wirkt nur für die Zukunft.
Quellen
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