Im österreichischen Recht bezeichnet die „Aufklärungspflicht“ eine besondere Pflicht, die in verschiedenen rechtlichen Kontexten relevant sein kann. Grundsätzlich besteht die Aufklärungspflicht darin, dass eine Partei eine andere Partei über wesentliche Umstände informieren muss, die für deren Willensbildung entscheidend sind. Dies dient dem Schutz der Entscheidungsfreiheit und dem Schutz vor ungewollten Verpflichtungen.
Im Vertragsrecht ist die Aufklärungspflicht insbesondere im Vorfeld des Vertragsabschlusses bedeutend. Sie ergibt sich aus dem Prinzip von Treu und Glauben (§ 914 ABGB) und der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Vertragspartners. Diese Pflicht verlangt, dass keiner der Vertragspartner wesentliche Informationen zurückhält, die den Vertragszweck gefährden oder die andere Partei vom Vertragsschluss abhalten könnten, wenn sie davon wüsste. Je nach Konstellation kann eine Verletzung der Aufklärungspflicht zur Anfechtung des Vertrags wegen Irrtums (§ 871 ABGB) oder zur Schadenersatzpflicht führen.
Im Versicherungsrecht besteht ebenfalls eine ausgeprägte Aufklärungspflicht, die sich bereits im Rahmen des Vertragsabschlusses zeigt. Gemäß § 16 VersVG muss der Versicherungsnehmer beim Abschluss des Versicherungsvertrags alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer offenlegen. Eine Verletzung dieser Obliegenheit kann im Extremfall zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen (§ 16 Abs. 3 VersVG).
Ein weiteres Beispiel für die Aufklärungspflicht findet sich im Bereich des medizinischen Behandlungsvertrags. Hier wird von Ärzten verlangt, Patienten umfassend über die Diagnose, den geplanten Eingriff, dessen Risiken und Alternativen zu informieren, um eine informierte Einwilligung zu ermöglichen. Diese Pflicht basiert auf dem Grundrecht auf Selbstbestimmung des Patienten und ist ein wesentlicher Aspekt der ärztlichen Sorgfaltspflicht.
Darüber hinaus gibt es in spezifischen Rechtsbereichen weitere Regelungen zur Aufklärungspflicht. Ein häufiges Beispiel hierfür ist der Verbraucherschutz, wo Verbraucher über ihre Rechte und die wesentlichen Eigenschaften der angebotenen Waren und Dienstleistungen informiert werden müssen, um eine fundierte Kaufentscheidung treffen zu können. Die Aufklärungspflicht kann hier durch spezifische gesetzliche Vorschriften konkretisiert werden, wie zum Beispiel durch das Konsumentenschutzgesetz (KSchG), welches in diversen Paragraphen Regelungen zur Informationspflicht enthält.
Insgesamt ist die Aufklärungspflicht im österreichischen Recht ein vielseitiges Instrument, das dem Schutz der Parteien im Rechtsverkehr dient, ihre Selbstbestimmung unterstützt und für Transparenz sowie faire Vertragsbedingungen sorgt. Beachtet eine Partei die Aufklärungspflicht nicht, können je nach Kontext Rechtsfolgen wie die Anfechtung des Vertrags oder Schadenersatzansprüche entstehen.