Der Auftragswert ist ein Begriff aus dem Vergaberecht. Beim Auftragswert handelt es sich um jenen Wert, den ein umsichtiger und sachkundiger öffentlicher Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung des relevanten Marktsegmentes (zB durch Prüfung von Katalogen, Preislisten etc) für die Beschaffung einer bestimmten Leistung veranschlagen würde. Der Auftraggeber hat somit vor Einleitung eines Vergabeverfahrens den Wert seiner Beschaffung sorgfältig zu schätzen.
Die Schätzung des Auftragswerts dient der Feststellung, welchen Bestimmungen ein durchzuführendes Vergabeverfahren unterliegt (zB ob ein Auftrag im Oberschwellen- oder Unterschwellenbereich zuzuordnen ist und welche Verfahrensart für die Beschaffung der konkreten Leistung gewählt werden darf).
Auftragswertschätzung
Das Bundesvergabegesetz 2018 legt für die Berechnung des geschätzten Auftragswerts besondere Bewertungsregeln fest. Diese Bewertungsregeln sind abhängig von der Art des Auftrags (Bau-, Liefer- oder Dienstleistung) unterschiedlich geregelt.
Sachkundige Schätzung des Auftragswerts
Der Auftragswert ist „sachkundig“ zu schätzen. Der öffentliche Auftraggeber kann sich dabei an einschlägigen Erfahrungen orientieren (zB „Altangeboten“, Preisdatenbanken bzw Preislisten, Herstellerinformationen etc). Ist der Auftraggeber selbst zu einer sachkundigen Schätzung nicht imstande, so hat er Sachverständige heranzuziehen.
Grundlage für die Berechnung des geschätzten Auftragswerts ist der Gesamtwert ohne Umsatzsteuer, der vom öffentlichen Auftraggeber voraussichtlich zu zahlen ist. Bei der Schätzung des Auftragswerts sind sämtliche Lose, Optionen und Vertragsverlängerungen, die bei der Beschaffung vorgesehen sind, zu berücksichtigen bzw einzukalkulieren. Auch die Berücksichtigung von üblichen Preisnachlässen (zB Behördenrabatte, Abschläge von Gebührenordnungen, Skonti) ist zulässig.
Zeitpunkt für die Berechnung des Auftragswerts
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des Auftragswerts ist die Einleitung eines Vergabeverfahrens.
Dokumentation der Auftragswertschätzung
Die tatsächlichen Angebotspreise können diesen geschätzten Auftragswert sowohl unter- als auch überschreiten. Es handelt sich bei der Auftragswertschätzung daher um eine Prognose. Ist der geschätzte Auftragswert allerdings sachkundig ermittelt worden, ist ein später davon abweichender tatsächlicher Auftragswert nicht schädlich (geschätzter versus tatsächlicher Auftragswert). Zu diesem Zweck ist es erforderlich, dass die Methode zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts für eine allfällige nachprüfende Kontrollinstanz (zB Rechnungshof oder Verwaltungsgerichte) entsprechend dokumentiert wird.
„Splitting-Verbot“
Bei der Berechnung des geschätzten Auftragswertes gilt der Grundsatz, dass sie nicht den Zweck verfolgen darf, die Anwendung des BVergG 2018 zu umgehen. Es ist demnach unzulässig, zusammengehörige Aufträge zu splitten, um die gesetzlich vorgegebenen Schwellenwerte zu unterschreiten und dadurch weniger strengen vergaberechtlichen Regelungen zu unterliegen (zB um anstelle eines „strengen“ Vergabeverfahrens eine „gelockerte“ Direktvergabe durchzuführen).
Quellen
- Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4 (2015)
- Heid/Reisner/Deutschmann/Hofbauer, BVergG 2018 (2019)
- Heid & Partner Rechtsanwälte GmbH, www.heid-partner.at