Im österreichischen Recht bezieht sich der Begriff „Ausgleichspflicht“ häufig auf den Bereich des Erbrechts, insbesondere auf die sogenannte „Ausgleichungspflicht“ unter Miterben. Diese Pflicht ist im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) verankert. Genauer gesagt, regelt § 788 ABGB die Verpflichtung der Erben, bestimmte Vorempfänge, die sie vom Erblasser zu dessen Lebzeiten erhalten haben, in die Erbteilung einzubringen.
Die Ausgleichungspflicht stellt sicher, dass bei der Verteilung des Nachlasses unter den Erben Gerechtigkeit gewahrt wird, indem Vorempfänge (wie etwa Schenkungen zu Lebzeiten des Erblassers) zu Lebzeiten wertmäßig ausgeglichen werden. Dadurch verhindert das Gesetz eine Benachteiligung anderer Miterben, die nicht in ähnlicher Weise bedacht wurden.
Der Zweck dieser Regelung ist es, eine gleichmäßige Verteilung des Nachlassvermögens im Sinne des Erblassers zu gewährleisten und das Risiko einer ungerechten Bereicherung eines oder mehrerer Miterben zu minimieren. Diese Regelung greift jedoch nur, wenn der Erblasser nicht ausdrücklich eine andere Verfügung getroffen hat.
Im Familien- und Eherecht kann der Begriff der Ausgleichspflicht auch im Rahmen des Unterhaltsrechts auftauchen, etwa bei der Klärung von Unterhaltsansprüchen oder bei der Vermögensaufteilung nach einer Scheidung gemäß den Bestimmungen des Ehegesetzes (EheG).
Es ist wichtig zu beachten, dass die konkrete Anwendung der Ausgleichspflicht von den Umständen des Einzelfalls abhängt und gesetzliche, testamentarische und familiäre Bestimmungen berücksichtigt werden müssen. Bei Unsicherheit ist es ratsam, rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, um eine den individuellen Verhältnissen und dem Willen des Erblassers oder der gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Lösung zu finden.