Im österreichischen Recht ist die Aussageverweigerung ein Begriff, der im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungen und Verfahren eine bedeutende Rolle spielt. Sie bezieht sich auf das Recht eines Beschuldigten, einer Verdächtigen oder einer Zeugin, die Aussage zu verweigern, um sich selbst oder nahe Angehörige nicht zu belasten. Dieses Recht ist im Strafprozessrecht geregelt und wird durch mehrere Bestimmungen der Strafprozessordnung (StPO) und der österreichischen Verfassung geschützt.
Der zentrale Paragraph, der das Aussageverweigerungsrecht regelt, ist § 157 StPO. Dieser Paragraph beschreibt, unter welchen Bedingungen Zeuginnen und Zeugen das Recht haben, die Aussage zu verweigern. Grundsätzlich kann jede Person, die als Zeugin geladen ist, die Aussage verweigern, wenn sie sich dadurch der Gefahr aussetzen würde, strafrechtlich verfolgt zu werden (Selbstbelastungsfreiheit).
Zudem gibt es besondere Schutzregeln für nahe Angehörige. Gemäß § 156 StPO können nahe Angehörige eines Beschuldigten die Aussage ebenfalls verweigern. Zu den nahen Angehörigen zählen insbesondere Ehepartner, eingetragene Partner, Verwandte in gerader Linie sowie Geschwister.
Für Beschuldigte selbst besteht generell keine Verpflichtung zur Aussage. Ihre Aussagebereitschaft oder ihr Schweigen darf nicht negativ gewertet werden, was als Ausfluss des Grundsatzes „nemo tenetur se ipsum accusare“ (niemand ist gehalten, sich selbst zu beschuldigen) betrachtet wird.
Wichtige Bedeutung hat die Aussageverweigerung auch im Kontext des Schutzes der Privatsphäre und der Wahrung von Berufsgeheimnissen. So haben Personen, die einem Berufsgeheimnis unterliegen (wie etwa Rechtsanwälte oder Ärzte), unter bestimmten Umständen ebenfalls das Recht, die Aussage zu verweigern, wie es in §§ 152 und 153 StPO geregelt ist.
Insgesamt handelt es sich bei der Aussageverweigerung um ein wichtiges rechtsstaatliches Instrument, das dem Schutz der individuellen Freiheit und der Wahrung der Menschenrechte dient. Die Möglichkeit, die Aussage zu verweigern, fördert einen fairen und gerechten Ablauf von Strafverfahren, ohne dass Einzelpersonen unter unzulässigen Druck gesetzt werden, sich selbst oder ihre Angehörigen zu belasten.