Im österreichischen Recht bezieht sich der Begriff „Beweisverfahren“ auf den Prozess der Ermittlung und Bewertung von Beweismitteln im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens. Ziel ist es, die Richterinnen und Richter in die Lage zu versetzen, sich ein möglichst vollständiges und korrektes Bild des Sachverhalts zu machen, um eine gerechte Entscheidung treffen zu können.
Das Beweisverfahren ist ein wesentlicher Bestandteil sowohl des Zivilprozesses als auch des Strafprozesses. In der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie in der Strafprozessordnung (StPO) sind diesbezüglich detaillierte Regelungen festgelegt. Die wichtigsten Vorschriften sind im Abschnitt über das Beweisrecht der ZPO (§§ 266 ff. ZPO) und der StPO (§§ 150 ff. StPO) zu finden.
Im Zivilprozess gilt grundsätzlich der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 272 ZPO), wonach das Gericht die Beweismittel nach freiem Ermessen zu würdigen hat. Dies bedeutet, dass das Gericht entscheidet, welchen Beweisen es Glauben schenkt. Die Parteien tragen die Beweislast, was bedeutet, dass diejenige Partei, die aus einer behaupteten Tatsache Rechte herleiten will, diese Tatsache auch zu beweisen hat.
Die zulässigen Beweismittel im Zivilprozess umfassen unter anderem Urkunden, Zeugen, Sachverständige, Augenschein und Parteieinvernahmen. Jedes dieser Beweismittel unterliegt speziellen Regelungen hinsichtlich seiner Zulässigkeit und Würdigung.
Im Strafprozess ist das Ziel des Beweisverfahrens ähnlich: Es soll festgestellt werden, ob die angeklagte Person die ihr vorgeworfenen Handlungen begangen hat und ob diese strafbar sind. Das Hauptverfahren folgt dem Grundsatz der materiellen Wahrheit, das heißt, es soll die tatsächliche Wahrheit, nicht nur eine formale ermittelt werden. Die Beweiswürdigung erfolgt auch hier nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO).
Besondere Bedeutung im Strafprozess haben die Grundsätze der Unschuldsvermutung und das Prinzip „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten). Diese Grundsätze beeinflussen direkt die Beweisführung und -würdigung im Strafverfahren.
Beweisanträge können von den Parteien oder, im Strafprozess, von der Staatsanwaltschaft gestellt werden. Diese Anträge sind darauf ausgerichtet, bestimmte Beweismittel zur Klärung des Sachverhalts heranzuziehen.
Zusammenfassend stellt das Beweisverfahren einen zentralen Bestandteil des gerichtlichen Prozesses dar, bei dem gesetzlich festgelegte Regeln und Prinzipien angewendet werden, um einen Sachverhalt umfassend und korrekt zu ermitteln. Dies ermöglicht eine fundierte Entscheidungsfindung durch das Gericht.