Im österreichischen Recht findet der Begriff „Deckungsgrundsatz“ als solcher keine explizite Verwendung. Im deutschen Recht ist der Deckungsgrundsatz im Zusammenhang mit der Aufrechnung bekannt. Da nach deinem Hinweis das deutsche Recht keine Rolle spielen soll, ist stattdessen ein grundsätzliches Verständnis der Aufrechnung nach österreichischem Recht zu erläutern.
Im österreichischen Recht ist die Aufrechnung in den §§ 1438 bis 1443 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) geregelt. Grundsätzlich ermöglicht die Aufrechnung, dass sich zwei Personen, die einander Leistungen schulden, diese wechselseitigen Verbindlichkeiten durch Erfüllung tilgen, sprich, dass sich eine Forderung gegen die andere aufrechnet und somit beide Forderungen – sofern sie betragsgleich sind – erlöschen.
Für die Aufrechnung sind nach österreichischem Recht einige wesentliche Bedingungen erforderlich. Zunächst müssen zwei Hauptvoraussetzungen vorliegen: Aufrechnungsgegeneinrede und Aufrechnungserklärung. Die Aufrechnungsgegeneinrede erfordert, dass der Aufrechnende dem anderen Schuldner gegenüber seine Absicht kundtut, eine Forderung durch Aufrechnung zu tilgen. Die eigentliche Aufrechnungserklärung muss gegenüber dem Gläubiger abgegeben werden.
Des Weiteren müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
1. Gegenseitigkeit der Forderungen: Es müssen wechselseitige Forderungen zwischen denselben Parteien bestehen.
2. Gleichartigkeit der Forderungen: Die Forderungen müssen nach ihrem Inhalt gleichartig sein, in der Regel handelt es sich um Geldforderungen.
3. Fälligkeit der Hauptforderung: Die Forderung, gegen die aufgerechnet werden soll, muss fällig sein.
4. Klagbarkeit der Gegenforderung: Die Forderung, die zur Aufrechnung gebracht wird, muss klagbar, also nicht verjährt oder mit anderen Einreden behaftet sein.
Nicht zuletzt darf die Aufrechnung gesetzlich oder vertraglich nicht ausgeschlossen sein. Diese vertraglichen oder gesetzlichen Ausschlüsse der Aufrechnung sind in bestimmten Fällen möglich, beispielsweise im Mietrecht oder bei Entgeltforderungen gegenüber bestimmten Konsument:innen.
Das österreichische Recht ermöglicht somit eine verständliche und durch Praktikabilität geprägte Abwicklung der Aufrechnung von wechselseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten in einer Art und Weise, die nicht explizit den Deckungsgrundsatz verwendet, sondern sich auf die erwähnten gesetzlichen Regelungen des ABGB stützt.