Im österreichischen Recht bezeichnet der Begriff „Eigenschaftsirrtum“ einen Irrtum über eine bestimmte Eigenschaft einer Sache oder einer Person, die für das Geschäft als wesentlich erachtet wird. Der Eigenschaftsirrtum ist eine spezielle Form des Irrtums im Rahmen des Vertragsrechts und ist im Allgemeinen im ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt, insbesondere unter § 871.
Ein Eigenschaftsirrtum liegt vor, wenn sich eine Partei über eine wesentliche Eigenschaft des Vertragsgegenstandes irrt. Eine Eigenschaft ist wesentlich, wenn sie im Einzelfall für den konkreten Vertrag von Bedeutung ist und für die Willensbildung einer der Parteien ausschlaggebend war. Das kann beispielsweise die Materialbeschaffenheit, die Funktionsfähigkeit eines Geräts, die Größe eines Grundstücks oder auch bestimmte Fähigkeiten einer Person betreffen.
Im österreichischen Recht hat ein Eigenschaftsirrtum grundsätzlich zur Folge, dass der Vertrag anfechtbar ist. Dies bedeutet, dass die benachteiligte Partei berechtigt ist, den Vertrag wegen des Irrtums aufzulösen. Es ist dabei notwendig, dass der Irrtum von einem nicht unerheblichen Umstand handelt und dass die irrtumsfreie Partei den Irrtum kannte oder erkennen hätte müssen.
Zu beachten ist jedoch, dass ein Irrtum, der die Leistungsfähigkeit bzw. die Bonität einer Person betrifft, nicht als Eigenschaftsirrtum gilt, sondern eher als Motivirrtum, es sei denn, die Bonität wurde explizit als Vertragspunkt vereinbart. Ferner muss der Irrtum kausal für den Vertragsschluss gewesen sein, d. h. ohne den Irrtum wäre der Vertrag in dieser Form nicht zustande gekommen.
Zusätzlich kann in bestimmten Fällen ein Vertrag auch wegen eines Eigenschaftsirrtums ohne Anfechtung als nichtig betrachtet werden, zum Beispiel wenn die fehlende Eigenschaft den gesamten Vertragszweck zunichtemacht (z.B. ein gesunkenes Schiff wird als solches verkauft).
Die Anfechtung muss innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntnis des Irrtums erfolgen, damit die Vertrauensschutzinteressen der anderen Vertragspartei gewahrt bleiben. Wichtig ist, dass die Anfechtung nicht automatisch zur Nichtigkeit des Vertrages führt, sondern es einer aktiven Erklärung der betroffenen Partei bedarf.
Insgesamt stellt der Eigenschaftsirrtum im österreichischen Recht ein wichtiges Instrument dar, um Verträge anzupassen oder aufzuheben, wenn wesentliche Vorstellungen über den Vertragsgegenstand nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen.