Der Begriff „Erlaubnisirrtum“ wird im österreichischen Recht als spezifische Form des Irrtums im Rahmen der Schuldfragen im Strafrecht behandelt. Im österreichischen Strafgesetzbuch (StGB) wird der Erlaubnisirrtum nicht explizit als solcher bezeichnet, aber er kann unter die allgemeinen Regeln zu Rechtsirrtümern subsumiert werden. Dies findet sich insbesondere in § 9 StGB, welcher sich mit den verschiedenen Arten der Schuld befasst.
Ein Erlaubnisirrtum liegt vor, wenn der Täter irrtümlich glaubt, eine bestimmte Handlung sei rechtlich erlaubt. Es handelt sich um einen Irrtum über die rechtlichen Grenzen des Erlaubten. Im Gegensatz zum Tatbestandsirrtum, der die Merkmale des objektiven Tatbestands betrifft, bezieht sich der Erlaubnisirrtum auf die normative Bewertung seines Verhaltens. Der Täter geht fälschlicherweise davon aus, dass sein Verhalten entweder gerechtfertigt ist oder die rechtlichen Grenzen des Erlaubten nicht überschreitet.
Gemäß § 9 StGB kann ein Erlaubnisirrtum unter bestimmten Umständen die Schuld des Täters ausschließen. Dies ist dann der Fall, wenn der Irrtum für den Täter unvermeidbar war, beispielsweise weil dieser aufgrund der konkreten Umstände nicht erkennen konnte, dass seine Handlung gesetzlich verboten ist. Der Irrtum muss also für eine Entschuldigung so beschaffen sein, dass er vom Täter bei gehöriger Anspannung seines Gewissens nicht hätte vermieden werden können. Liegt ein vermeidbarer Rechtsirrtum vor, so entfällt die Strafbarkeit nicht, jedoch kann die Strafe vom Gericht gemildert werden.
In der Praxis erfordert die Anwendung dieser Grundsätze eine differenzierte Analyse der konkreten Unrechts- und Schuldahndung des Täters. Richterlicherseits muss genau geprüft werden, ob der Täter tatsächlich über die rechtlichen Grenzen seines Handelns geirrt hat und ob dieser Irrtum für ihn unvermeidbar war. Wenn ein solcher unvermeidbarer Erlaubnisirrtum anerkannt wird, führt dies zum Ausschluss der Strafbarkeit, da dem Täter nicht vorgeworfen werden kann, vorsätzlich gegen das Gesetz verstoßen zu haben.
Es ist wichtig zu beachten, dass ein Erlaubnisirrtum nur dann in Betracht kommt, wenn die rechtlichen Normen, über die sich der Täter irrt, tatsächlich existieren und von ihm falsch interpretiert werden wurden. Eine irrige Annahme, dass ein nicht existierendes Recht existiert, wird nicht als Erlaubnisirrtum, sondern als Tatbestandsirrtum bewertet, welcher nach unterschiedlichen Kriterien behandelt wird. In solchen Fällen kann der Täter dennoch bestraft werden, wenn das Verhalten objektiv strafbar ist und der Irrtum vermeidbar gewesen wäre.