Der Begriff „EU-Verfassung“ ist vor allem im Kontext des gescheiterten Vertrags über eine Verfassung für Europa relevant, der in den frühen 2000er Jahren verhandelt, aber letztlich nicht ratifiziert wurde. Daher gibt es im engeren Sinne keine „EU-Verfassung“, die heute in Kraft wäre. Stattdessen regelt der Vertrag von Lissabon aus dem Jahr 2009 die Arbeitsweise, Kompetenzen und Struktur der Europäischen Union.
Im österreichischen Kontext ist der EU-Reformvertrag von Lissabon, der 2009 in Kraft trat, von wesentlicher Bedeutung. Dieser Vertrag änderte die bestehenden Gründungsverträge und stärkte die Rolle der nationalen Parlamente, einschließlich des österreichischen Parlaments, im Gesetzgebungsprozess der EU. Der Vertrag selbst ist kein Bestandteil des österreichischen Verfassungsrechts, sondern wirkt auf das Verfassungsrecht ein, indem er die Übertragung von Kompetenzen und Aufgaben an die EU regelt.
Gemäß Art. 23e des österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) hat Österreich die Verbindungen zu den Organen der Europäischen Union zu pflegen und kann bestimmte Kompetenzen auf die EU übertragen. Dies wird oft als „Verfassungsautonomie“ bezeichnet, da Österreich innerhalb des durch die Union gesetzten Rahmens seine eigene Verfassungsordnung aufrechterhalten kann. Dieser Prozess wird durch das B-VG geregelt, das die Zustimmung des Nationalrats und in bestimmten Fällen sogar eine Volksabstimmung voraussetzt, wenn erhebliche verfassungsrechtliche Änderungen durch EU-Bestimmungen erforderlich sind.
Darüber hinaus spielt der Verfassungsgerichtshof in Österreich eine wichtige Rolle bei der Prüfung der Vereinbarkeit von EU-Rechtsakten mit der österreichischen Verfassung. Sollte eine Norm des EU-Rechts im Widerspruch zur österreichischen Verfassung stehen, prüft das Gericht, ob diese rechtmäßig umgesetzt werden kann.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es im österreichischen Recht keine spezifische „EU-Verfassung“ gibt. Vielmehr werden die Beziehungen und die rechtlichen Vereinbarungen zwischen Österreich und der EU durch den Vertrag von Lissabon und die Bestimmungen des österreichischen Verfassungsrechts geregelt, wobei das B-VG entscheidend für die rechtliche Einbettung der EU-Regeln ist.