Der Begriff „Exceptiones sunt strictissimae interpretationis“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich „Ausnahmen sind sehr eng auszulegen“. Dieser Grundsatz ist auch im österreichischen Recht von Bedeutung, insbesondere im Bereich der gesetzlichen Auslegung. Im österreichischen Rechtssystem wird dieser Grundsatz vor allem im Zusammenhang mit der Auslegung von Regelungen und Bestimmungen angewandt, die eine Ausnahme von einer allgemeinen Regel darstellen. Das bedeutet, dass Ausnahmen nicht extensiv, sondern restriktiv interpretiert werden, um den allgemeinen Regelungszweck nicht zu unterlaufen.
Im österreichischen Zivilrecht gibt es keine spezifischen Paragraphen, die diesen Grundsatz ausdrücklich nennen. Dennoch findet er in der juristischen Praxis Anwendung, um sicherzustellen, dass Ausnahmen nur in den Fällen zur Anwendung kommen, für die sie ausdrücklich vorgesehen sind. Dies geschieht oft durch die systematische und teleologische Auslegung von Gesetzen, wobei auch auf die Gesetzesmaterialien, insbesondere die Erläuternden Bemerkungen bei Gesetzesinitiativen, zurückgegriffen wird.
Ein Beispiel für diesen Grundsatz findet sich im Bereich des Mietrechts. Laut § 30 des Mietrechtsgesetzes (MRG) ist die Kündigung eines Mietverhältnisses nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Diese im Gesetz festgelegten Kündigungsgründe sind als Ausnahmen von der allgemeinen Regel des Kündigungsschutzes zu verstehen und sind daher eng auszulegen. Dies bedeutet, dass Vermieter nicht ohne weiteres weitere Gründe hinzuziehen können, um eine Kündigung zu rechtfertigen.
Ein weiteres Beispiel ist das Steuerrecht, wo Ausnahmeregelungen von Steuerbefreiungen oft eine enge Auslegung erfahren. Dies bedeutet, dass Steuerpflichtige, die sich auf eine Ausnahmeregelung berufen möchten, nachweisen müssen, dass sie genau unter die Ausnahmetatbestände fallen, wie sie im jeweiligen Gesetz abschließend aufgezählt sind.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Grundsatz „Exceptiones sunt strictissimae interpretationis“ darauf abzielt, die Ausnahmecharakter von Bestimmungen zu wahren, indem sie eine enge Auslegung vorschreiben, die den Ausnahmecharakter schützt und den Missbrauch von Ausnahmeregelungen verhindert. Dies trägt zur Rechtssicherheit und zur Verhältnismäßigkeit in der Anwendung von Gesetzen bei.