Als Klubdisziplin wird das Ausmaß bezeichnet, in dem die Mitglieder einer parlamentarischen Fraktion ein einheitliches Abstimmungsverhalten zeigen. Als negativ Konnotation konnotiertes Synonym wird häufig auch der Begriff Fraktionszwang Klubzwang verwendet. Es betont den Druck, dem einzelne Abgeordneter Abgeordnete von Seiten der Fraktionsführung und anderen Fraktionsmitgliedern ausgesetzt sind, eigene Positionen zugunsten der Fraktionssicht zurückzustellen. Aus Parteiensicht wird hingegen oft der Begriff Fraktionssolidarität benutzt, der das gemeinsame Interesse der Fraktionsmitglieder an einem geschlossenen Auftreten gegenüber den anderen Parteien unterstreicht.
Ein förmlicher Fraktionszwang im engeren Sinne ist verfassungswidrig, da er gegen das Prinzip des freien Mandats verstößt. Trotzdem wird bei einem Großteil der Abstimmungen im Parlament den Abgeordneten von der Fraktionsführung ihr Abstimmungsverhalten vorgeschrieben. Im weiteren Sinne existiert aber in einer Parteiendemokratie immer ein informeller Fraktionszwang, den eine Partei durch indirekte Sanktionen ausüben kann, etwa indem sie die Wiederwahl eines „Abweichlers“, der in wichtigen Fragen gegen die Fraktionsdisziplin verstößt, nicht unterstützt.
Gründe
Es wird heute meist davon ausgegangen, dass eine gewisse Fraktionsdisziplin für ein parlamentarisches Regierungssystem nötig ist, um die erforderliche Stabilität und Zuverlässigkeit bei der Beschlussfassung zu gewährleisten. Als Gründe für die Fraktionsdisziplin werden genannt:
- Jede Partei muss sich, um ihre Interessen durchsetzen zu können, auf ihre Abgeordneten verlassen, und umgekehrt sind die Abgeordneten der Partei im Wahlkampf meist auf die Unterstützung der Partei angewiesen. Außerdem erwartet der Wähler für seine Wahlentscheidung meist ein klares Profil der Partei, das nur durch ein im Wesentlichen einheitliches Abstimmungsverhalten erreicht werden kann.
- Wenn Abgeordnete sich nicht an das Parteiprogramm Programm ihrer Partei nicht an das Koalitionsprogramm halten, so werden diese Entscheidungspakete wieder aufgeschnürt. Dies wird als problematisch gesehen, weil beim Mehrheits-Prinzip durch die Bündelung der einzelnen Punkte in einem Programm eine unterschiedlich starke Betroffenheit der Wähler von den Einzelentscheidungen besser berücksichtigt werden kann.
- Kein Abgeordneter kann in allen Fachthemen ausreichende Sachkenntnis haben und muss sich daher an den Meinungen Anderer orientieren. So kann ein Fraktionsmitglied in Teilbereichen die Fraktionsmeinung maßgeblich prägen, während es sich in anderen Teilbereichen darauf verlassen kann, dass die Entscheidungen der Fraktion von darauf spezialisierten Experten anhand von fundierten Argumenten gefällt werden.
- Ohne Fraktionsdisziplin wäre die Arbeitsfähigkeit der Regierung stark eingeschränkt, da von Abweichlern aus der eigenen Fraktion und von der Opposition deren Abgeordnete der Meinung sind, die Regierung müsse abgelöst werden die Gesetzgebung blockiert werden würde.
- Es kann durchaus eine Gewissensentscheidung sein, Gesetzen zuzustimmen, die nicht der eigenen Überzeugung entsprechen, da Alternativen Regierungswechsel oder die Unterstützung durch die Fraktion bei einem anderen Thema schwerer wiegen. Innerparteiliche Diskussionen, die durch viele von der Fraktionsmehrheit im Parlament abweichend Stimmende an die Öffentlichkeit gelangen, können dazu führen, dass die Partei als uneinig und zerstritten wahrgenommen wird. Ein solches Image sehen manche als Grund schlechterer Wahlergebnisse.
Unterschiede in verschiedenen Parlamenten
Je nach politischem System und politischer Kultur kann die Fraktionsdisziplin in verschiedenen Staaten unterschiedlich stark ausgeprägt sein. So ist etwa in Staaten mit einem Verhältniswahlrecht die Rolle der Parteien für den Wahlkampf deutlich wichtiger als in Staaten mit Mehrheitswahlrecht. Über die Aufstellung von Wahllisten haben die Parteien hier einen größeren Einfluss auf die Kandidaturen und damit ein wirksames Sanktionsinstrument. Zugleich werden Kandidaten von Wählern häufig vor allem als Mitglieder ihrer Partei wahrgenommen; es wird also erwartet, dass sie nach der Wahl deren Programm umsetzen.
Europäisches Parlament
Im Europäisches Parlament Europäischen Parlament, dessen Fraktion im Europäischen Parlament|Fraktionen sich aus europaweiten Parteienzusammenschlüssen zusammensetzen, war die Fraktionsdisziplin zunächst sehr schwach ausgeprägt. Obwohl die Sitzordnung sich seit Gründung des Parlaments an den Fraktionen, nicht an der nationalen Herkunft der Abgeordneten orientierte, erfolgten Abstimmungen häufig auch entlang nationaler Grenzen. Dies lag zum einen an den programmatischen Unterschieden der verschiedenen nationalen Mitgliedsparteien der Fraktionen, zum anderen aber auch an den geringen Mitspracherechten, den das Parlament insgesamt an der Europapolitik besaß: Einzelne Parlamentarier konnten deshalb häufiger von der Fraktionslinie abweichen, da das Ergebnis der Abstimmung letztlich ohnehin nur begrenzte Bedeutung hatte.
Dies änderte sich zum einen durch die Entstehung der Europaparteien seit den 1970er Jahren, zum anderen durch die gestiegenen Mitspracherechte seit Einführung des Mitentscheidungsverfahrens im Vertrag von Maastricht 1992. Insbesondere seit den 1990er Jahren setzte eine zunehmende „Professionalisierung“ des Parlaments ein, die sich auch durch eine höhere Fraktionsdisziplin ausdrückte. So stimmten die Abgeordneten der größeren Fraktionen in der Legislaturperiode 2004–2009 in rund 90 % aller Entscheidungen im Sinne ihrer Fraktion.VoteWatch.eu: http://votewatch.eu/cx_european_party_groups.php?vers 1 Kohäsionsraten der Fraktionen im Europäischen Parlament 2004–09 englisch.
Literatur
- Michael F. Feldkamp:”Der Deutsche Bundestag 100 Fragen und Antworten.” Nomos Verlag: Baden-Baden 2009, ISBN 9783832935269, S. 59–63.
- Burkhard Hirsch: ”http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/wer-wagt-es-nein-zu-sagen Wer wagt es, nein zu sagen.” In: ”Freitag.” 26. November 1999
Weblinks
- http://www.tagesspiegel.de/politik/wie-funktioniert-fraktionsdisziplin/4682276.html Ungezwungener Zwang: Wie funktioniert Fraktionsdisziplin?,” Artikel von Johannes Schneider im ”Tagesspiegel,” 3. Oktober 2011
Fußnoten
http://de.wikipedia.org/wiki/Klubzwang 05.11.2014
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