Im österreichischen Arbeitsrecht ist das Günstigkeitsprinzip ein wichtiges Prinzip, das nicht explizit in einem Paragraphen festgeschrieben ist, aber dennoch von zentraler Bedeutung ist. Es besagt, dass bei der Anwendung unterschiedlicher Rechtsquellen für Arbeitnehmer die für sie günstigste Regelung zur Anwendung kommt, sofern diese miteinander kollidieren. Das bedeutet, dass bei mehreren gültigen Regelungen – sei es durch Gesetz, Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung oder individuelle Arbeitsverträge – stets jene Regelung greift, die dem Arbeitnehmer einen Vorteil verschafft.
Die Grundlage hierfür findet sich in der Hierarchie der arbeitsrechtlichen Normen, die in der Praxis Anwendung findet. Im österreichischen Recht gibt es mehrere Stufen der Normenhierarchie: Zuerst stehen die gesetzlichen Bestimmungen wie Gesetze und Verordnungen, dann folgen die Kollektivverträge, Betriebsvereinbarungen und zuletzt die individuellen Arbeitsverträge. Trotz dieser Hierarchie bleibt das Günstigkeitsprinzip in Bezug auf die Anwendung der Normen maßgeblich.
Ein einfaches Beispiel: Wenn ein kollektivvertraglich geregelter Mindestlohn niedriger ist als das, was in einem individuellen Arbeitsvertrag vereinbart wurde, gilt der höhere Lohn aus dem individuellen Vertrag, da er für den Arbeitnehmer günstiger ist. Dies gilt auch umgekehrt, wenn etwa eine gesetzliche Regelung günstigere Arbeitszeitbedingungen bietet als der Arbeitsvertrag.
Dieses Prinzip schützt Arbeitnehmer also davor, dass sie durch individuell ungünstigere Vertragsbedingungen benachteiligt werden, wenn andere Rechtsquellen bessere Konditionen vorschreiben. Es dient somit dem Schutz von Arbeitnehmerrechten und der Sicherstellung fairer Arbeitsbedingungen. In der Entscheidungsfindung von Arbeitsgerichten kann das Günstigkeitsprinzip als Interpretationshilfe herangezogen werden, um im Streitfall die für den Arbeitnehmer vorteilhaftere Regelung zur Anwendung zu bringen.