Als Anerbenrecht bezeichnet man die Vererbung eines landwirtschaftlichen Anwesens an einen einzigen Erben, damit es geschlossen erhalten bleibt. Das dient der Zerstückelung bäuerlicher Erbhöfe und der Entstehung nicht lebensfähiger Zwerglandwirtschaften.
Es handelt sich um eine Sondererbfolge in den Hof. Der Hof wird getrennt vom sonstigen Vermögen, das nach allgemeinen Regeln vererbt wird, nach den besonderen Regeln des Anerbenrechts auf den Anerben vererbt (z. B. alleine auf das älteste Kind als Hoferben nach Höfeordnung). Aus den möglichen Erben wird dabei der am besten geeignete (“Anerbe”) ausgewählt, der den Hof übernehmen möchte. Dafür muss er aber die übrigen Erben abfinden. Dies wird als Übernahmspreis oder Nachtragserbteilung bezeichnet.
Rechtslage
Es wird das Anerbenrecht im Anerbengesetz bundesgesetzlich geregelt. Für Kärnten und Tirol bestehen eigene, landesgesetzliche Regelungen. Mit Ausnahme von Tirol kann das Anerberbenrecht jedoch per Testament umgangen werden.
Erbhof
Als Erbhöfe werden nach § 1 Abs. 1 „mit einer Hofstelle versehene land- und forstwirtschaftliche Betriebe, die im Eigentum einer natürlichen Person, von Ehegatten oder eines Elternteils und eines Kindes stehen und mindestens einen zur angemessenen Erhaltung von zwei erwachsenen Personen ausreichenden, jedoch das Zwanzigfache dieses Ausmaßes nicht übersteigenden Durchschnittsertrag haben” betrachtet. Rein forstwirtschaftliche Betriebe sind jedoch nach Abs. 2 keine Erbhöfe.
In manchen Bundesländern gilt ein Bauernhof als Erbhof, wenn dieser mindestens 200 Jahre durchgehend im Besitz ein und derselben Familie ist. Der Titel wird vom Land vergeben. Solche Höfe werden mit einer Eisentafel an der Eingangstür gekennzeichnet.
Besondere Erbfolge
Sollte die gesetzliche Erbfolge zum Tragen kommen, kann der Erbhof nur von einer Person (der sogenannte Anerbe) geerbt werden. Sollten sich die Erben nicht auf diese Personen einigen können, wird nach einer bestimmten Rangordnung (§ 3) vorgegangen. So werden beispielsweise Nachkommen mit land- und forstwirtschaftlicher Ausbildung oder Nachkommen, die am Erbhof aufwachsen bzw. aufwuchsen, bevorzugt. Zwischen Erben mit gleicher Voraussetzung entscheidet das Alter (je nach örtlichem Brauch wird der Älteste oder der Jüngste bevorzugt).
Erbteilung
Der Erbhof wird vom restlichen Nachlaß abgetrennt und dem Anerben eingeantwortet. Anstelle des Erbhofes hat die Verlassenschaft (und damit die Erben) einen Anspruch auf Zahlung des Übernahmepreises gegenüber dem Anerben. Der Preis ist vom Verlassenschaftsgericht festzusetzen, sofern die Erben sich darüber nicht einigen.
Siehe auch
In der feudalen Tradition entspricht die Primogenitur dem Anerbenrecht. Der Gegensatz hierzu ist die Realteilung. Alle anderen, durch den Anerben ausgeschlossenen Erben wurden weit unter dem wirklichen Wert abgefunden. Ihnen boten sich als Alternativen: Eine Arbeit als Knecht oder Magd und damit ein Absinken in die Schicht der landlosen dörflichen Bevölkerung, der Erwerb eines eigenen Hofes durch Kauf, durch Einheirat, durch Auswanderung in die neue Welt, oder durch die Abwanderung in ein Siedlungsgebiet (wobei der Binnenkolonisation durch die Bodenqualität Grenzen gesetzt waren), im städtischen oder ländlichen Handwerk eine Erwerbstätigkeit zu finden oder zur See zu fahren.
Quellen
- Stefan Perner; Martin Spitzer; Georg E Kodek. Bürgerliches Recht 5. Aufl inkl. Glossar