Der Begriff „Kavaliersdelikt“ stammt ursprünglich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch und ist im eigentlichen Sinne kein juristisch definierter Begriff im österreichischen Recht. In Österreich wird der Begriff oft verwendet, um ein Vergehen oder eine rechtswidrige Handlung zu bezeichnen, die zwar illegal, aber sozial oder moralisch kaum verwerflich erscheint. Es handelt sich dabei häufig um Bagatelldelikte, bei denen die gesellschaftliche Toleranz gegenüber dem Verstoß relativ hoch ist.
Die österreichische Rechtsordnung unterscheidet jedoch grundsätzlich nicht zwischen sogenannten Kavaliersdelikten und anderen strafrechtlichen Tatbeständen. Im österreichischen Strafrecht wird nicht zwischen mehr oder weniger verwerflichen Handlungen unterschieden, die Begrifflichkeiten „Verbrechen“ und „Vergehen“ beziehen sich hier auf die Strafhöhe (siehe §§ 17–19 StGB). Bagatelldelikte werden oft als Vergehen eingestuft, die mit einer geringeren Strafe belegt werden. Dazu gehört zum Beispiel der Diebstahl geringwertiger Sachen (§ 141 StGB), wenn der Wert der gestohlenen Sache 100 Euro nicht übersteigt.
Eine Besonderheit des österreichischen Rechts ist, dass für leichtere Vergehen alternative Sanktionsmöglichkeiten wie Diversion zur Verfügung stehen, um das Strafverfahren ohne Verurteilung zu beenden. Dies ermöglicht eine einvernehmliche Lösung und eine Einstellung des Verfahrens unter bestimmten Auflagen und Bedingungen (§§ 198–209 StPO).
In der Praxis mag es Delikte geben, die von Teilen der Bevölkerung als Kavaliersdelikte angesehen werden, jedoch ändert dies nichts an ihrer strafrechtlichen Verfolgung und möglichen Bestrafung durch die Justiz. Der Begriff ist mehr eine Reflexion der sozialen Wahrnehmung als ein juristisches Konzept und daher hat er keine direkte Relevanz im österreichischen Strafgesetzbuch oder anderen Rechtsvorschriften.