Das konstitutive Schuldanerkenntnis im österreichischen Recht ist ein Rechtsinstitut, bei dem eine Partei gegenüber einer anderen Partei eine neue Verbindlichkeit anerkennt und dadurch eine selbstständige Verpflichtung schafft. Dieses Anerkenntnis ist nicht bloß eine Bestätigung oder Bekräftigung einer bestehenden Schuld (deklaratorisches Schuldanerkenntnis), sondern begründet eine neue eigenständige Verbindlichkeit. Da im österreichischen ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) keine expliziten Regelungen für das konstitutive Schuldanerkenntnis existieren, handelt es sich um ein ungeschriebenes Rechtsinstitut, das auf der allgemeinen Privatautonomie basiert.
Ein konstitutives Schuldanerkenntnis kann mündlich oder schriftlich erfolgen und führt dazu, dass der Anerkennende sich verpflichtet, den anerkannten Betrag zu zahlen, unabhängig davon, ob die ursprüngliche Schuld tatsächlich in dieser Höhe bestand oder überhaupt existierte. Das bedeutet, der Gläubiger erhält eine vereinfachte Position, da er im Streitfall nicht die ursprüngliche Forderung nachweisen muss, sondern sich auf das neue Schuldanerkenntnis berufen kann.
Grundlage für die Wirksamkeit eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses ist die Einigung der Parteien über das Bestehen und den Umfang der zu schaffenden Schuld. Es bedarf also eines gültigen Vertragsabschlusses, der sich aus Angebot und Annahme zusammensetzt, gemäß § 861 ABGB.
Da das konstitutive Schuldanerkenntnis eine neue Verpflichtung schafft, unterliegt es den allgemeinen Vertragsvoraussetzungen und kann wie jeder Vertrag aufgrund von Willensmängeln (z. B. Irrtum, Täuschung oder Zwang) angefochten werden. Ein wichtiges Anwendungsgebiet des konstitutiven Schuldanerkenntnisses sind die Verjährung und die Beweislastumkehr. Indem eine neue Verbindlichkeit begründet wird, startet die Verjährungsfrist für diese Neubestellung erneut, üblicherweise drei Jahre gemäß § 1486 ABGB.
Zusammengefasst stellt das konstitutive Schuldanerkenntnis im österreichischen Recht ein mächtiges Instrument dar, um Unklarheiten bezüglich bestehender Verbindlichkeiten zu beseitigen und neue, rechtlich bindende Verpflichtungen zwischen Parteien zu etablieren, wobei die Parteien auf die umfassenden Möglichkeiten der Privatautonomie zurückgreifen können.