Anwendungsgebiete und Voraussetzungen
Das Hauptanwendungsgebiet sind gröbere Verletzungen der Straßenverkehrsordnung. Geringfügigere Geldstrafen werden in Österreich immer an den Zulassungsbesitzer gerichtet, ungeachtet, wer das Fahrzeug gelenkt hat oder wem es anvertraut war (Anonymverfügung).
Die Behörde führt die Lenkererhebung entweder durch, weil das vorgeworfene Delikt für eine Anonymverfügung zu schwerwiegend ist oder weil eine solche nicht bezahlt wurde. Lenkererhebungen sind von der für die Ausübung des Verwaltungsstrafrechtes zuständigen Behörde, sofern diese eine Bezirksverwaltungsbehörde oder Landespolizeidirektion ist, zu führen. Erhebungen beispielsweise durch die Beamten des Wachkörpers Bundespolizei aus eigenem Antrieb sind, mangels Behördenqualität des Wachkörpers, keine Lenkererhebung im Sinne des Gesetzes. Die Nichterteilung einer Auskunft lediglich auf dessen Verlangen verwirklicht nicht das Tatbild des § 103 Abs. 2 KFG.
Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die angeführten Erhebungen sind, außer bei Gefahr im Verzug, schriftlich oder telefonisch durchzuführen.
[mkb-warning]Als Zulassungsbesitzerin/Zulassungsbesitzer muss man grundsätzlich immer wissen, wer das eigene Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat. Es besteht eine gesetzliche Pflicht, Aufzeichnungen (Fahrtenbuch) zu führen, falls dies notwendig ist.[/mkb-warning]
Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück. Dies ist eine Verfassungsbestimmung. Wird die Lenkererhebung dennoch verweigert oder unrichtig beantwortet, so kann das mit einer Geldstrafe von bis zu 5000 Euro oder sechs Wochen Freiheitsstrafe geahndet werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs „verpflichtet die Bezeichnung einer Person, die sich ständig oder überwiegend im Ausland aufhält und deren verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung, aber auch deren Heranziehung zur Mitwirkung am administrativen Ermittlungsverfahren zumindest erheblich erschwert ist, als Lenker im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG 1967 den Zulassungsbesitzer zu einer verstärkten Mitwirkung am Verwaltungs(straf)verfahren. Die Behörde kann dann, wenn ihr Versuch, mit der als Lenker bezeichneten Person in Kontakt zu treten, scheitert, den Zulassungsbesitzer dazu verhalten, zumindest die Existenz dieser Person und deren Aufenthalt in Österreich zum fraglichen Zeitpunkt glaubhaft zu machen. In diesem Zusammenhang kann davon ausgegangen werden, daß ein Zulassungsbesitzer sein Kraftfahrzeug nur Personen zum Lenken überlässt, die er näher kennt.“
Voraussetzung für die Durchführung einer Lenkererhebung ist, dass die vorgeworfene Verkehrsübertretung in Österreich begangen wurde. Das Gesetz sieht jedoch keine zeitliche Beschränkung der Auskunftspflicht bzw. der Aufbewahrung von Aufzeichnungen, um dieser Verpflichtung nachkommen zu können, vor. Dementsprechend muss die Lenkerauskunft auch nach Ablauf der Verfolgungsverjährung erteilt werden.
Vollstreckung im Ausland
Ausländische Zulassungsbesitzer sind nach österreichischem Recht ebenfalls verpflichtet, eine Lenkererhebung zu beantworten. Die Vollstreckung ist im Ausland faktisch schwer durchsetzbar, da die österreichischen Behörden die jeweiligen Ländern um Rechtshilfe ersuchen müssten.
Berücksichtigen muss man, dass rechtskräftige Verwaltungsstrafen in Österreich drei Jahre lang vollstreckt werden. Somit kann bei einer Einreise nach Österreich innerhalb der drei Jahre die Strafe in Österreich exekutiert werden. Danach ist das nicht mehr möglich.
Deutschland
Zwischen Deutschland und Österreich gibt es seit 1988 ein Vollstreckungsabkommen. Dieses regelt in Artikel 9 unter anderem, dass Deutschland und Österreich einander Amtshilfe bei der Vollstreckung von rechtskräftigen Geldstrafen leisten. Das ist insbesondere darum notwendig, weil Deutschland keine Anonymverfügungen kennt.
Somit wären auch rechtskräftige Verurteilungen wegen der Verweigerung einer Lenkerauskunft vollstreckbar. Allerdings steht in Artikel 4 Abs. 1 des Abkommens, dass Amts- und Rechtshilfe nicht geleistet wird, „wenn sie nach dem Recht des ersuchten Staates unzulässig ist“. Auf diesen Passus berufen sich deutsche Behörden in der Praxis häufig aufgrund des Aussageverweigerungsrechtes eines Beschuldigten bzw. des Zeugnisverweigerungsrechtes, wodurch die Vollstreckung nicht durchgeführt wird. Der EU-Rahmenbeschluss von 2005 sollte an der derzeitigen Praxis der deutschen Behörden nichts ändern.
Quellen & Einzelnachweise
- https://de.wikipedia.org/wiki/Lenkererhebung, zuletzt abgerufen am 31.05.2021
- § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz
- § 134 Abs. 1 Kraftfahrgesetz
- Erkenntnis des VwGH vom 15. Dezember 2000 Zl. 99/02/0290
- Erkenntnis des VwGH vom 11. Dezember 2002 Zl. 2000/03/0025
- Erkenntnis des VwGH vom 28. März 2003 Zl. 2002/02/0168
- Stammrechtssatz aus dem RIS zu Erkenntnis des VwGH vom 3. Dezember 1980 Zl. 3306/80
- Stammrechtssatz aus dem RIS zu Erkenntnis des VwGH vom 28. Jänner 1983 Zl. 83/02/0013
- Erkenntnis des VwGH vom 25. April 1990 Zl. 88/03/0236
- Erkenntnis des VwGH vom 18. September 2000 Zl. 98/02/0292Z
- Stammrechtssatz aus dem RIS zu Erkenntnis des VwGH vom 23. November 2001 Zl. 98/02/0292
- § 31 Abs. 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991
- BGBl. Nr. 526/1990
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