Im österreichischen Recht bezieht sich der Begriff „Listenwahl“ auf das Wahlverfahren, bei dem Wählerinnen und Wähler für Parteien oder Listen als Ganzes anstatt für einzelne Kandidatinnen und Kandidaten abstimmen. Dieses System wird besonders bei Parlamentswahlen, wie den Nationalratswahlen, angewandt. Das Wahlrecht ist auf Bundesebene im Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und im Nationalrats-Wahlordnungsgesetz (NRWO) geregelt.
Gemäß der Nationalrats-Wahlordnung (NRWO) werden bei einer Listenwahl die Mandate proportional zu den auf die einzelnen Listen entfallenden Stimmen verteilt. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Verhältniswahlrecht, das im § 1 NRWO verankert ist. Die Wählerinnen und Wähler geben ihre Stimme einer bestimmten Partei, die auf der Wahlliste steht. Diese Parteien präsentieren im Vorfeld der Wahlen ihre Kandidatinnen und Kandidaten ebenfalls in einer bestimmten Reihenfolge auf sogenannten Listen.
In der Praxis gibt es bei den Nationalratswahlen drei Ebenen der Mandatsverteilung: die regionale Ebene (Regionalwahlkreise), die Landesebene (Landeswahlkreise) und die Bundesebene. Zuerst werden die Mandate auf regionaler Ebene zugeteilt, dann auf Landesebene, und schließlich erfolgen allfällige Ausgleiche auf Bundesebene. Dies ist in den §§ 97 bis 107 NRWO detailliert geregelt.
Das oberste Ziel der Listenwahl ist es, ein möglichst proportionales Abbild des Wählerwillens zu schaffen. Dies bedeutet, dass die Anzahl der Mandate, die eine Partei erhält, in einem möglichst genauen Verhältnis zu den Stimmen steht, die sie bei der Wahl erhalten hat. Solche Wahlen sind oft durch eine Sperrklausel ergänzt, wie sie im § 100 NRWO für den Nationalrat mit vier Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen festgelegt ist. Diese Hürde soll verhindern, dass zu viele kleine Parteien ins Parlament einziehen und die Regierungsbildung erschweren.
Die Eintragung von Kandidatinnen und Kandidaten auf Parteiwahllisten bedeutet, dass diese in einer vorab bestimmten Reihenfolge ihre Mandate erhalten, wenn die Liste entsprechend viele Stimmen erhält. Änderungen dieser Reihenfolge sind für die Wählerinnen und Wähler in Österreich nicht möglich, was das Wahlsystem von offenen Listen unterscheidet. Diese Art des festen Listenwahlrechts verschafft den Parteien größeren Einfluss bei der Nominierung und Reihung der Kandidatinnen und Kandidaten.
Zusammengefasst ist die Listenwahl in Österreich ein zentrales Element des parlamentarischen Wahlsystems. Sie ermöglicht es, die Verteilung der Sitze im Parlament proportional zu den Stimmen zu organisieren und gewährleistet damit eine breite Vertretung der politischen Meinungen der Bevölkerung.