Im österreichischen Recht bezieht sich der Begriff der „notwehrfähigen Rechtsgüter“ auf jene Rechtsgüter, die durch eine Notwehrhandlung gemäß § 3 StGB (Strafgesetzbuch) verteidigt werden können. Notwehr ist gemäß § 3 Abs. 1 StGB eine Handlung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
Zu den notwehrfähigen Rechtsgütern gehören primär Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit und Eigentum. Diese Rechtsgüter sind als besonders schutzwürdig anerkannt, da sie fundamentale Aspekte der individuellen Selbstbestimmung und Sicherheit betreffen.
1. **Leben und Gesundheit**: Das eigene Leben und die körperliche Unversehrtheit zählen zu den höchsten Rechtsgütern im Strafrecht. Der Schutz dieser Güter rechtfertigt oftmals drastische Verteidigungshandlungen, solange diese verhältnismäßig zur Angriffssituation sind.
2. **Freiheit**: Darunter fällt die Freiheit von ungerechtfertigten körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen, wie etwa Freiheitsberaubung oder Nötigung.
3. **Eigentum**: Notwehr kann auch zur Verteidigung von Sachen geboten sein, etwa um einen Diebstahl oder eine Sachbeschädigung abzuwenden. In der Praxis wird hier oftmals der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besonders hervorgehoben, was bedeutet, dass die Verteidigungshandlung in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des geschützten Eigentums stehen muss.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Notwehr nach österreichischem Recht keine speziellen Güter ausschließt, solange diese im Rahmen eines rechtswidrigen Angriffs beeinträchtigt werden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit spielt eine zentrale Rolle bei der Beurteilung von Notwehrsituationen. Wenn eine Verteidigungshandlung als unverhältnismäßig hart im Vergleich zu der Bedrohung erscheint, könnte dies zu einer Überschreitung der Notwehr und folglich möglicherweise zu einer Strafbarkeit des oder der Verteidigenden führen.
In der Praxis bedeutet das, dass zwar grundsätzlich viele Rechtsgüter verteidigt werden können, die Art und Weise der Verteidigung jedoch darüber entscheidet, ob die Verteidigung tatsächlich als Notwehr anerkannt wird. Der Verteidige muss daher stets versuchen, das nötige Mindestmaß an Gewalt anzuwenden, um den Angriff wirksam abzuwenden, ohne selbst zum Angreifer zu werden.