Pflichtenkollision

In der österreichischen Rechtsordnung bedeutet „Pflichtenkollision“ eine Situation, in der eine Person gleichzeitig mehreren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen muss, die sich jedoch widersprechen oder deren gleichzeitige Erfüllung unmöglich ist. Dies kann insbesondere im Bereich des Vertragsrechts, des Strafrechts oder auch des Arbeitsrechts auftreten.

Ein klassisches Beispiel für eine Pflichtenkollision im österreichischen Recht wäre etwa, wenn ein Arbeitnehmer gleichzeitig einem vertraglich festgelegten Wettbewerbsverbot gegenüber seinem Arbeitgeber und der gesetzlichen Verpflichtung zur Familienunterstützung unterliegt. Hier könnte das Wettbewerbsverbot mit der Notwendigkeit kollidieren, ein ausreichendes Einkommen zu erzielen, um den gesetzlichen Unterhaltspflichten nachzukommen.

Im Strafrecht wird häufig die sogenannte „rechtfertigende Pflichtenkollision“ diskutiert. Diese kommt zum Tragen, wenn eine Person durch Erfüllung der einen Pflicht automatisch eine andere verletzt und dadurch zugleich möglicherweise den Tatbestand einer strafrechtlichen Norm erfüllt. Hier prüft das österreichische Strafrecht, ob die Handlung gerechtfertigt war, indem es die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der überwiegenden Interessen abwägt. Das Prinzip der Pflichtenkollision kann daher zur Rechtfertigung genutzt werden, wenn das Interesse, das durch die vorrangige Pflicht geschützt wird, als höherwertiger angesehen wird.

Ein konkreter gesetzlicher Bezugspunkt in diesem Kontext ist § 8 StGB (Strafgesetzbuch) „Rechtfertigender Notstand“. Während dieser Paragraph direkt keine Pflichtenkollision anspricht, bietet er eine rechtliche Grundlage, um Rechtfertigungen für Handlungen zu bewerten, die zur Erfüllung notstandsbedingter Verpflichtungen führen.

Im Zivilrecht könnte durch eine Pflichtenkollision – beispielsweise im Bereich der Vertragsverletzung – auch die Möglichkeit bestehen, dass Schadenersatzansprüche nicht geltend gemacht werden können, weil die Erfüllung der Pflicht aufgrund der höheren Priorität einer anderen Pflicht unzumutbar war. Hier könnten Regelungen des ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch), insbesondere jene, die sich mit Unmöglichkeit und höherer Gewalt (§ 1447 ABGB), relevant werden.

In der Praxis ist es entscheidend, dass eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen wird, um zu bestimmen, welche Pflicht im Einzelfall überwiegt und ob eine eventuell entstandene Verletzung einer anderen Pflicht gerechtfertigt sein könnte. Dies erfordert häufig eine detaillierte Analyse der individuellen Umstände des Falles.

Bewertung dieses Artikels

Teilen   

Kanzlei-Empfehlung

Podcast

Einfach in 3 Schritten einen Anwalt finden, der auf Ihr Rechtsproblem spezialisiert ist

Ein zugelassener Anwalt / eine zugelassen Anwältin ist dafür da, über Rechtsfragen zu beraten und Klienten vor Gericht zu vertreten. Es ist seine Aufgabe, Dienstleistungen im Bereich der Rechtsberatung zu erbringen und Klienten vor Gericht zu vertreten. Mit diesem Wissen kennt er alle relevanten Herausforderungen dieses Systems und ist mit allen einschlägigen Rechtsnormen vertraut.

Fachexperten auf Ihrem Gebiet

Anwalts-Empfehlungen gefiltert durch das RechtEasy-Team -Best Choice der Anwälte in Österreich

Chatbox aufmachen

Klicken Sie auf den blauen Button im rechten unteren Eck und wählen aus, dass Sie eine Anwaltsempfehlung benötigen.

Problem schildern

Erklären Sie, welches Anliegen Sie haben. Gehen Sie hier auch gerne ins Detail.

Zurücklehnen

Unser Team beurteilt Ihre Rechtsfrage und vermittelt den richtigen Anwalt/die richtige Anwältin für Sie in Ihrer Region.

Die Vermittlung ist kostenlos. Der jeweilige Anwalt wird Ihnen vorab die genauen Kosten mitteilen, sodass Sie immer die volle Kontrolle haben.

Rechts unten den Chat öffnen, Rechtsfrage stellen und gleich vermitteln lassen.

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Auf RechtEasy befinden sich über 7500 Begriffserklärungen und juristische Ratgeber, die von Rechtsanwälten und Juristen verfasst wurden

Liste der Anwälte

Liste der Anwälte

Liste der Anwälte